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Lesefutter (2): Die großen Filialbuchhandlungen

Sie heißen Thalia oder Hugendubel und bepflastern seit einigen Jahrzehnten die Fußgängerzonen und Einkaufszentren der Republik. Mit ihren meist ziemlich großen Läden – im Vergleich zur kleinen Buchhandlung um die Ecke – haben sie ein ziemlich großes Sortiment im Laden stehen, alles andere wird innerhalb eines Tages geliefert – oder kommt direkt nach Hause durch den hauseigenen Onlineshop. Und neben dem Kerngeschäft von Büchern gibt es noch eine ganze Reihe Non-Book-Sortiment im Laden. Das können DVDs, CDs, Brettspiele, Kuscheltiere, Schreibwaren, Bastelbedarf, Fußball-Merchandise oder Kinderspielzeug sein – was an dem Standort gut funktioniert, wird verkauft. Größere Filialen haben ein eigenes Café integriert und eigene Abteilungen für Schulbücher und – an Universitätsstandorten – Unibücher gibt es auch. Also alles, was man braucht, gleich vor Ort. Großartig!

Leider sieht es dort auch dementsprechend aus. Die Mitarbeiter sind in ihrem Bereich durchaus halbwegs kompetent, aber sind von anspruchsvoller Sortimentsgestaltung weit entfernt. Man trifft dort in aller Regel das Sortiment der großen Verlage an, wirkliche Neuentdeckungen fernab des Mainstreams sind also kaum möglich. Und hat man einen speziellen Wunsch, kann man den Titel zwar problemlos bestellen – aber man sollte sich besser recht gut auskennen, ansonsten wissen die Mitarbeiter oft auch nicht weiter. Mir ging es mal bei einem englischen Buch so, dass ich ihn dann am hauseigenen Bestellcomputer schneller gefunden hatte als die angestellte Buchhändlerin. Übrigens, die Buchhändler dort: Es ist eben organisiert wie eine große Kette. Man hat viele Angestellte, dann die Filialleitung und irgendwo darüber sitzt dann die anonyme Holding. Wusstet ihr, dass Thalia bis Ende 2012 der Douglas-Gruppe gehörte und heutzutage einem „Konsortium um den Herder-Verlag“ gehört? Und Hugendubel? Gehört der DBH Deutsche Buchhandels GmBH & Co KG, ebenfalls eine Holding aus Hugendubel und Weltbild, die sich inzwischen zu Hugendubel „konsolidiert“ hat. Zwischenhändler für Hugendubel und Thalia ist übrigens eine Firma namens „Libri“, die bis vor einigen Jahren noch den ebook.de Onlineshop betrieben hat, aber inzwischen „nur“ noch die Infrastruktur des Zwischenhandels stellt. Libri selbst gehört der Familie Herz, die Firma, der auch die Holding gehört, die hinter Tchibo steht.

Alles klar soweit? Mir nicht mehr. Mein Internetbrowser hat inzwischen rund 25 verschiedene Seiten offen und ich hoffe, ich habe das jetzt halbwegs klar und nachvollziehbar dargestellt. Was ich damit sagen wollte: Thalia und Hugendubel sind anonyme Großkonzerne, die inzwischen einen ziemlich großen Teil des Buchmarktes kontrollieren. Die Sortimentsauswahl ist von den Interessen der Holding geleitet, es gibt mitunter detaillierte Vorgaben, wie die Regale einzuräumen sind und die Geschäfte sehen in nahezu jeder Stadt irgendwie gleich aus. Dort das Regal mit Fantasy, die englischen Bücher hinten in der Ecke und am Eingang eine Schütte mit reduzierten Artikeln. Von dem Geld, das ich ausgebe, bleibt ein Gutteil bei der Holding hängen – und obwohl der Buchhandel deutlich höhere Margen bietet als beispielsweise der Lebensmittelhandel, schlägt sich das nicht in Geldbeuteln der Mitarbeiter nieder. Und wenn da eine große Kette riesige Filialen baut, könnt ihr euch sicher denken, warum die kleine, persönliche Buchhandlung nebenan schließen musste.

Aber sind wir mal ehrlich. Es ist auch einfach bequemer. Man kann trotz der vorgegebenen Auswahl gut stöbern und findet eigentlich immer ein Buch. Oder ein Brettspiel. Oder ein Kuscheltier. Und das bequemste ist natürlich, sich ein Buch im Netz zu bestellen und es dann am nächsten Tag, wenn man ohnehin in der Stadt ist, abzuholen. Ein Komfort, den viele inhabergeführte Buchhandlungen nicht bieten. Und gerade bei englischen Büchern ist die Auswahl groß und die Preise fair – insbesondere, wenn man den hauseigenen Onlineshop nutzt. Warum die Preise im Onlineshop andere sind und man diese Preise nicht bei Lieferung in die Filiale bekommt – und dort auch nicht die Gutscheine einlösen kann, die Thalia so zahlreich unter das Newsletter-Volk streut – ist eine andere Geschichte und soll auf diesem Blog besser nicht erzählt werden.

Und so eine große Buchhandlung, hunderte Quadratmeter voller Bücher, oft mit Teppichen ausgelegt, ergeben nochmal eine ganz andere Atmosphäre als im kleinen Ladengeschäft. Ich gebe zu, ich bin häufiger mal dort und lasse mich inspirieren. Aber irgendwie sind mir diese Buchhandlungen weniger sympathisch. Dann kann ich ja eigentlich auch gleich bei Amazon bestellen. Aber das ist eine andere Geschichte.

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