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1Q84 – Kapitel 12: Thy Kingdom Come

Es geht weiter mit Tengo und der Erzählung des Professors. Während Fuka-Eri Tee macht, erzählt der Professor in schneller Folge den Rest der Geschichte. Fuka-Eri kam eines Tages als die Tochter des Anführers der Kommune zu ihnen und stand vor der Tür. Sie wurde dort aufgenommen. Zur gleichen Zeit riegelte sich die Kommune vollständig nach außen ab und wurde zur eingetragenen Religionsgemeinschaft. Von dem Vater von Fuka-Eri, einem guten Freund des Professors, hat dieser seitdem nichts mehr gehört, dieser scheint verschollen zu sein.

Fuka-Eri selbst ist seitdem auch total verändert. Sie war schon vorher nicht besonders kommunikativ, aber seit sie damals zum Professor kam, ist sie vollkommen verschlossen und war damals nicht mehr in der Lage, ein einzelnes Wort zu sagen, inzwischen hat sie große Fortschritte gemacht. Tengo erhält letzten Endes die Genehmigung, Air Chrysalis zu überarbeiten und fährt zurück nach Hause.

Auf dem Rückweg begegnet er einer Mutter mit ihrem Kind, die einfach nur dasitzen und er fühlt sich an ein Mädchen aus seiner Grundschule erinnert, eines, das in einer Art Sekte war und dort aufgezogen wurde, sie war ebenfalls sehr still und sagte nie ein Wort, er sah sie manchmal, wenn er sonntags mit seinem Vater Gebühren für das NHK sammelte.

Er hatte jedoch nie, abgesehen von einem Vorfall bei einem Laborexperiment wirklich Kontakt mit ihr und irgendwann weiß er auch gar nicht mehr, wieso er jetzt ausgerechnet an sie gedacht hat.

Mir fiel in diesem Kapitel erstmals auf, dass Kapitel in 1Q84 meistens zweigeteilt sind. Ein Teil besteht aus der Gedankenwelt des Protagonisten und der andere Teil aus dem, was tatsächlich passiert. Diese Zweiteilung ist tatsächlich in aller Regel ziemlich scharf, im letzten Kapitel fing es mit der Gedankenwelt an und wurde dann zur Handlung im Club, hier ist es genau andersherum.

Außerdem wird mir, gerade jetzt beim Schreiben, klar, dass Murakami hier mit Rattenschwänzen arbeitet. Keine Ahnung, ob dieser Terminus verbreitet ist, deshalb erkläre ich mal, was ich damit meine.

Eine Handlung reißt einen scheinbar völlig neuen Strang auf (in diesem Fall: Die Kommune hat sich verändert), dieser Strang ergibt sich aus einer vorher eingeführten Frage (Was ist mit Fuka-Eri los?) und bedingt eine (oder mehrere)  weitere Fragen (Welches Ereignis hat Fuka-Eri und die Kommune verändert? bzw. Inwiefern steckt der Schlüssel dazu in Air Chrysalis?) und zieht somit die folgenden Kapitel wie ein Rattenschwanz hinter sich her. Die ganze Handlung kann man sich quasi als ein Flussdiagramm vorstellen. Natürlich funktioniert das im Prinzip bei jeder Handlung, aber hier ist es tatsächlich sehr unmittelbar, ohne aber plump zu wirken. Der Strang von Aomame funktioniert auf ähnliche Art und Weise.

Übrigens: Das Zitat des Kapitelnamens stammt aus dem Mittagsgebet, dass das Mädchen aus Tengos Erinnerung vor jedem Schulessen laut sprechen musste. Es geht da um das Ende der Welt und dass das Königreich des Herrschers kommen solle. (“Thy” ist übrigens ein wunderschönes Wort!)

Mit diesen spannenden Erkenntnissen würde ich sagen, ich verbleibe so bis Dienstag. Adiéu.

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