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Serapionsbrüder #24: Zacharias Werner

k-WP_20151112_003Diese kurze Geschichte ändert vollends die Erzählform. Normalerweise erzählen die Serapionsbrüder immer reihum eine Geschichte, die sie selbst erfunden haben, die in einer fiktiven Welt spielt. Heute gibt es allerdings keine fiktive Welt, nicht einmal wirklich eine Geschichte, sondern nur eine Sammlung von Anekdoten um Zacharias Werner.

Es ist im weitesten Sinne ein Streitgespräch über diesen Werner, der als einer der wenigen romantischen Theaterdichter mit seinen Stücken Erfolg hatte. Man erzählt über ihn, er sei gar wahnsinnig, wie er seine Stücke plane, man erzählt sich, er habe einmal ein Stück in einer völlig fremden Fantasiesprache vorgelesen, doch bricht Theodor eine Lanze für ihn und beschreibt seinen Wahnsinn als einen produktiven Wahnsinn, der ihm nicht zur Last zu legen sei und im Gegenteil schon fast als serapiontisch gelten könne. Er überzeugt seine Freunde mit einem naturgetreuen Porträt des Zacharias, auf den dann sogleich getrunken wird.

Ich muss zugeben, diese Geschichte, wenn man sie denn so nennen will – sie ist jedenfalls in meiner Ausgabe als Geschichte aufgeführt – ließ mich ziemlich ratlos zurück. Es gibt nicht so wirklich eine Handlung, es wird ein bisschen das Problem des kostenintensiven Theaters aufgegriffen (das man tatsächlich heute noch genauso merkt – Bühnenbilder und Requisiten werden gnadenlos recycelt und der Trend geht hin zu unterkomplexem Bühnenbau), es wird noch einmal über den Wahnsinn gesprochen, der die Serapionsbrüder ja zu ihrem Paten brachte (und der schon einige Zeit lang kein Thema mehr war), aber im Wesentlichen sind es eben einfach Anekdoten eines historischen Zeitgenossen der Brüder. Ganz interessant ist dann natürlich das Auseinandernehmen der verschiedenen Ebenen, also des fiktiven Serapionskreises, des realen Kreises mit gleichem Namen und der historischen Personen, wie dies hier zusammenwirkt und wie die reale Person in der Erzählerfiktion beschrieben wird.

Schaut man in den ausführlichen Kommentar meiner Ausgabe, so wird hier von einer Reihe von Parallelen in den Biografien von Werner und Hoffmann gesprochen, Segebrecht legt also eine autobiografische Deutung einerseits, eine differenzierte Kritik am Werk Werners und den Verweis auf den Genialitätsgedanken bei Hoffmann nahe. Und das klingt für mich auch absolut schlüssig, das so zu deuten, wenn also diese Geschichte in irgendeiner Form zu deuten ist, dann am ehesten unter einem historischen Aspekt und im Zusammenhang des Gesamtwerkes wäre eben noch das Verhältnis von Genie und Wahnsinn etwas, was diese Geschichte beschreibt. Möglich wäre es auch, auf den Begriff der psychischen Erkrankung oder der geistigen Verwirrung, wie Hoffmann es nennt, einzugehen und es in zeitgenössische Medizin einzuordnen.

Dennoch ist es denke ich festzuhalten, dass die Anekdoten um Zacharias Werner vielleicht hübsche Anekdoten sind, aber bei weitem nicht an die ‚normalen‘ Geschichten und Novellen der Sammlung heranragen. Wer sich also nicht über die oben genannten Aspekte kundig machen möchte, kann diese paar Seiten getrost überspringen – wobei es andererseits auch kaum lohnt, da die Anekdoten kaum 15 Seiten füllen.

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