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Durch die Wüste – Karl May

k-2016-08-17 22.24.58Ich habe noch nie Karl May gelesen. Ich weiß, bei vielen Jugendlichen gehörte Karl May noch vor einigen Jahren zum Standard-Lesesortiment und auch damals in der Bibliothek, in der ich gearbeitet habe, waren die Titel durchaus häufiger mal verliehen – wenn auch nicht so häufig, wie die aktuell angesagten Titel. Vor allem aber gibt es diese Bücher wie Sand am Meer. Bei Ebay gibt es dutzende Auktionen pro Tag, bei der Karl May Sammlungen über den Tisch gehen und auch auf Flohmärkten findet man diese Bücher sehr häufig. Dort erstand ich mal drei der Titel, um mir auch mal ein Bild zu machen über diese Geschichten dieses sehr exzentrischen Autors, der – gerade in den populären Frühwerken – über eine Welt schrieb, die er selbst nur aus Erzählungen kannte und damit mehr oder weniger frei erfunden hat.

In Durch die Wüste, dem ersten Titel von Karl Mays Reiseerzählungen wird die Geschichte des Protagonisten erzählt, der eine Expedition in den nahen Osten unternimmt. Sein Name wird nie genannt, unter den Arabern heißt er Kara Ben Nemsi, sein Gefährte ist Hadschi Halef Omar. Sie finden eine Leiche und nehmen dann die Jagd auf den Mörder auf. Dieser Weg führt sie immer wieder in gefährliche Situationen, sie befreien eine Gefangene aus dem Haren, sie werden gefangen genommen und kommen wieder frei, sie pilgern nach Mekka – inklusive einer spektakulären Jagd nach Kara Ben Nemsi, weil ja Ungläubige in Mekka verboten sind, dieser fährt jedoch immer mehr Ruhm ein und kommt schließlich zu sogenannten Teufelsanbeterinnen, wo sie herausfinden, dass diese gar nicht den Teufel anbeten und Kara Ben Nemsi macht sich zum widerholten Mal als fähiger Heeresführer nützlich, indem er den Angriff der feindlichen Stämme durch geschickte Taktiken abzuwenden weiß. Wiederkehrendes Element dabei ist die versuchte Bekehrung Kara Ben Nemsis zum Islam, obwohl er doch Christ ist. Das gibt sich dann, als er das heilige Wasser aus Mekka mitgebracht hat, denn das könnte ja niemals ein Ungläubiger schaffen.

Ich muss sagen, mein Verhältnis zu diesem Roman ist ganz enorm gespalten. In der heutigen Zeit ist der Dialog, den der Protagonist mit dem Islam führt, unglaublich wichtig und richtig, es gibt Sätze wie „Dein Allah und mein Gott sind dieselben“, die so wahr und richtig sind, gleichzeitig hat das Geschehen auch etwas imperialistisches, wenn der Deutsche dem wilden Türken zeigt, wie man ein Heer aufzustellen hat. Und ich kann mich diesen im weitesten Sinne politischen Lesarten einfach nicht vollkommen verschließen. Ich musste immer wieder daran denken, dass durchaus wesentliche Teile der Gesellschaft mit Karl-May-Büchern großgeworden sind und dass diese Bücher ihr Bild vom Orient, den Türken und Arabern möglicherweise ziemlich geprägt hat und solche Prägungen verschwinden dann sicherlich auch nicht so einfach. Aber ist das wirklich den Büchern anzulasten?

Man darf nicht vergessen, Durch die Wüste ist inzwischen über 120 Jahre alt und zeichnet ein Bild vom Nahen Osten, das mit dem heutigen Verhältnissen nichts mehr zu tun hat. Es ist so ungefähr, als würde man einen Roman über Deutschland zu Zeiten der Jahrhundertwende lesen – man würde ja auch nicht daraus die heutige Gesellschaft erklären. Zudem war May erst viel später selbst im Orient und erlebte wohl auch dort einige Schocks, weil die Welt ganz anders aussah, als er sie sich vorstellte.

Ich hatte durchaus meinen Spaß mit dem Buch. Es war etwas schwierig, hereinzukommen, denn es ist zwar grundsätzlich einfach geschrieben und zählt ja nicht umsonst zur Trivialliteratur, aber immerhin ist der Schreibstil auch schon 120 Jahre alt. Vor allem die Namen haben mir wirklich Schwierigkeiten bereitet. In jedem Kapitel wird ein halbes Dutzend neuer Charaktere eingeführt, die teilweise wiederauftauchen und teilweise nie mehr erwähnt werden. Mehr als einmal musste ich überlegen, wer das jetzt war – vor allem, weil für mich diese Namen auch alle irgendwie ähnlich klangen, wurde das schwierig. Aber es war unterhaltsam und fühlte sich wirklich wie eine frühe Form von Phantastik an. Geschichten, die so unglaublich sind, dass sie sich nach einer Parallelwelt anfühlen, die so weit weg von uns sind, dass sie völlig fremd wirken und alles erklärungsbedürftig wirkt. Ich weiß jetzt, wieso viele Fantasy-Autoren Karl May als Inspirationsquelle angeben und bin durchaus angefixt, noch einige weitere Karl-May-Romane zu lesen – denn davon gibt es ja dutzende. Und mal schauen, wenn mir bei Ebay ein großer Stapel in die Hände fällt, kann es durchaus passieren, dass es noch mehr Karl May auf diesem Blog gibt. Einstweilen verbleibe ich mal mit 4/5 Sternen.

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