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The Green Mile – Stephen King

k-IMAG0650Plot-Twist: Weil ich auch diese Woche wieder nur einen Beitrag für euch habe (es gibt schlicht kein aktuelles Buch zum Vorstellen im Rahmen des Gemeinsam-Lesen Projektes), gibt es diesen am Donnerstag. Viel Spaß!

Passend zur aktuellen Hexer-Romanheftreihe geht es heute um einen Roman, der ebenfalls in Form von sechs kurzen Heftchen veröffentlicht wurde. In der Tradition von Charles Dickens stehend, entschied sich Stephen King im Jahr 1996, einen Fortsetzungsroman zu schreiben, der dann auch erfolgreich verfilmt wurde.

Wir hören die Geschichte von Paul, der in den 30er Jahren im Todestrakt eines Gefängnisses ein echtes Wunder erlebte und diese nun im Altenheim, über 100 Jahre alt, aufschreibt. In seinen Todestrakt kam einst ein großer, dunkelhäutiger Mann, der zwei Mädchen vergewaltigt und getötet haben soll. Er verhält sich unerwartet ruhig und wirkt für die komplizierte Tat, die er begangen haben soll, viel zu einfach. Während Paul Ärger mit einem neuen Häftling, einem anderen Wärter hat und nebenher ein dritter Gefangener eine Maus dressiert, beginnt er, mehr über diesen seltsamen Gefangenen, John Coffey zu erfahren und erlebt in der Tat einige echte Wunder, die ihn dann zu einem sehr alten Mann heranreifen lassen.

Kings Buch ist düster und wenig hoffnungsvoll geschrieben. Detaillierte Schilderungen über den elektrischen Stuhl, den Alltag im Todestrakt und letzten Endes das resignierte Ermorden eines wirklichen Geschenk Gottes, das Paul nie verarbeiten kann. Der Stil eines Fortsetzungsromans gebietet es, dass einige Cliffhanger eingebaut werden und durchaus auch ein paar Wiederholungen eingebaut werden, denn wirklich groß überarbeitet wurden die Hefte für die Veröffentlichung als Gesamtausgabe nicht. Aber das stört den Lesefluss wirklich nicht.

The Green Mile ist nicht so wirklich ein Horrorroman (immer noch ein tolles Wort), es hat durchaus mit dem Wundermenschen John Coffey eine übersinnliche Person, die man durchaus als direkte Inkarnation von Jesus Christus deuten könnte, der Wunder vollbringt und bereit ist, für Sünden, die er nie begangen hat, zu sterben. Es ist mehr so eine dunkle Gothic Novel, ein Thriller, aber einer, in dem nicht wirklich ein Fall ermittelt wird. Der große Horror bleibt aus, die unfassbare Spannung aus, aber es wird eine ganz besondere Atmosphäre aufgebaut, die mich an den Roman gefesselt hat. Diese düstere, hoffnungslose Atmosphäre ist etwas, was Stephen King wirklich kann.

Der Schreibstil ist auch völlig typisch für ihn. Leicht und unkompliziert zu lesen und in vielen Worten wird eine gelungene Welt gebaut. Die Sprache ist derbe und rau, die Welt ebenfalls. Es geht viel um Körperflüssigkeiten, es geht um derbe Praktiken, es geht um zahlreiche kleinere Verstöße gegen das geltende Recht. So ein Todestrakt ist eine ganz eigene Welt, wie uns Stephen King illustriert. Und seine Schilderungen aus dem Todestrakt machen das Werk auch zu einem Politikum, einem Plädoyer gegen die Todesstrafe, denn, auch wenn Coffey seinen Tod akzeptiert – er stirbt als ein Unschuldiger und resigniert müssen die Wärter des Traktes hinnehmen, dass es für sie keine Chance mehr gibt, ihn noch zu retten.

Es ist ein Buch über Resignation, über das atemlose Zusehen, über die Grausamkeit des elektrischen Stuhls, aber auch ein Buch über das Wunder in den 30er Jahren der Staaten. Das war eine Zeit, in der noch nicht viel vernetzt war, wo das Telefon noch etwas Besonderes war und wo noch viele Sachen passieren konnten, ohne dass die Welt davon Notiz nahm. Und am Ende geht es unbemerkt zu Ende. Grundlos. Ohne Ziel. Ohne Sinn. Aber irgendwas bleibt und lässt Paul sein langes Leben lang darüber nachdenken. Doch selbst im Altenheim findet er keine Ruhe und wird von seiner Vergangenheit verfolgt.

Ihr merkt schon, dieses Buch hat mich ein wenig aufgewühlt. In der Tat ein hochspannendes, wirklich gut geschriebenes und schönes Buch. Ein paar kleinere Abzüge für die kleineren Ungereimtheiten, die King ja im Nachwort selbst erwähnt und die definitiv der Gattung geschuldet sind, aber ansonsten gebe ich 4,5/5 Sternen für einen faszinierenden Thriller, der euch einige spannende Stunden bereiten wird.

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