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Greenshaws Monstrum – Agatha Christie

Miss Marple war immer ein Liebhaberprojekt von Agatha Christie, reich wurde sie durch die Geschichten mit dem etwas verschrobenen Belgier Herule Poirot. Aber Miss Marple, eine alte Jungfer, die im letzten Roman über 80 Jahre alt sein muss, war Christies Lieblingsfigure. Ihre Kurzgeschichten sind, wie ich schon referiert habe, in zwei Anthologien erschienen – diese letzte, Greenshaws Monstrum jedoch, erschien im Original in der Anthologie The Adventure of the Christmas Pudding and a Selection of Entrées, die 1960 erschien. Die 1967 erschienene Anthologie Ein diplomatischer Zwischenfall enthält jedoch nur die Titelgeschichte, die übrigen Geschichten der Originalanthologie wurden ersetzt. Drei der dort enthaltenen Geschichten, nämlich Die Spanische Truhe, Der Traum und eben Greenshaws Monstrum veröffentlichte der Scherz-Verlag bereits 1964 in der Anthologie Der Unfall und andere Fälle; diese ist es auch, die ich hier gerade bespreche. Eine dem Original gleichende Ausgabe erschien erst 2011 beim Hachette-Verlag. Sie ist inzwischen vergriffen und antiquarisch nicht zu bekommen. So ähnlich lief es übrigens auch mit Miss Marples letzte Fälle, auch hier zog sie die deutsche Erstveröffentlichung bis 2010 hin, auch hier ist die deutsche Ausgabe vergriffen.

Ich kann mir die Frage nicht beantworten, warum diese Geschichten nicht in ihrer Originalgestalt herausgegeben wurden. Im Englischen ist das überhaupt kein Problem. Es gibt die Anthologie „Miss Marples Final Cases“, die alle acht in dieser Anthologie enthaltenen Geschichten enthält und diese letzte Geschichte, Greenshaw Monstrum noch als ‚Bonus‘ dazulegt, damit man sich für die Miss Marple Geschichten eben nur zwei Bände kaufen muss. Die Anthologie The Adventure of the Christmas Pudding […] ist aber parallel dazu in ihrer Originalgestalt erhältlich. Für jeweils unter 10€ pro Band, je nach Bezugsquelle. Warum geht das im Deutschen nicht? Lässt sich mit Agatha Christie in Deutschland so wenig verdienen oder kann sich irgendein Verlag nicht dazu aufraffen, das mal in hübschen Ausgaben herauszugeben? Mein Ratschlag lautet also: Lest es auf Englisch. Ich habe es nicht getan. Immerhin gibt es seit 2015 im Atlantik-Verlag Das große Miss Marple Buch mit allen 20 Kurzgeschichten. Und Ende 2019 kommt dann auch das zugehörige Taschenbuch heraus. Warum auch immer man das hier erneut rekompilieren musste.

Nach über 300 Wörtern Einleitung kommen wir mal zur Geschichte selbst. Ist sie diesen großen Wirbel wert? Das Beschriebene Monstrum ist ein großes Haus, das Mr. Greenshaw, der zu viel Geld hatte, erbauen ließ und das nun von ihrer Enkelin mit wenig Personal irgendwie erhalten wird. Die Nichts von Raymond West, der schon im Dienstagabendklub auftrat, bekommt den Auftrag, die Tagebücher von Mr. Greenshaw aufzubereiten und wird dabei in den Mord von Mrs. Greenshaw verwickelt. Raymond erzählt Miss Marple davon und möchte ihren Rat hören, da er sich nicht erklären kann, wie es dazu kam. Aus einem relativ komplexen Beziehungsgeflecht schafft es Miss Marple dann schließlich, eine Lösung zu erarbeiten, um so den Fall aufzuklären – und damit das Haus seinem rechtmäßigen Erben zuzuführen.

Ich verrate wie immer keine Details zur Lösung, aber dieser Fall ist wieder etwas anders als der vergangene Fall, der ja sehr reduziert war, aber durch seine Atmosphäre punkten konnte. Auch hier ist die Atmosphäre auf jeden Fall ein Höhepunkt. Dieses etwas abseits gelegene, halb verlassene und gar nicht groß genutzte Haus und die junge Frau, die dort alleine arbeitet, wird auf einmal in einen solchen Fall verwickelt – das erzeugt schon ein ordentliches Maß an Spannung. Mal wieder passiert einiges nur durch das Erzählen – ich mag es eigentlich in Krimis auch ganz gerne, wenn nicht jemand alles erzählt und der Ermittler es auf der Couch löst. In Kurzgeschichten ist das aber der übliche Fall und das ist in Ordnung.

Es ist eine ziemlich gute Geschichte. Sie ist lesenswert, der Fall ist spannend und auf jeden Fall nachvollziehbar erklärt, die Grundidee ist recht simpel, aber clever umgesetzt und atmosphärisch stimmt hier vieles. Das Wiedersehen mit dem bekannten Raymond West freut mich sehr und ich freue mich, diese Geschichte gelesen zu haben. Ich gebe gerne – auch weil ich Miss Marple sehr gerne habe gute 4,5/5 Sternen für diese Geschichte. Und insgesamt kann ich auch sagen, dass die Anthologie „Der Unfall und andere Fälle“ ihr Geld absolut wert ist, weil großartige Geschichten darin erschienen sind. Für alle, die nur diese Geschichte lesen wollen: Es gibt sich auch als einzelnes eBook für einen Euro – allerdings nur auf Englisch, mal wieder.

Übrigens, noch ein kleiner Spoiler zum Abschluss: Miss Marples letzte Fälle habe ich tatsächlich mal gelesen. Allerdings habe ich derzeit keine Ausgabe greifbar, um ein hübsches Foto davon zu schießen. Ich muss nochmal schauen, ob ich da irgendwie rankomme, um sie euch hier auf dem Blog zu präsentieren. Ansonsten eben ohne Foto.

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