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Weihnachtswunder – Hans Peter Kraus

Nachdem wir in den letzten beiden Wochen ja ziemlich große Namen hier im Blog hatten, wird es diese Woche mal Zeit, sich etwas neueren und unbekannten Autoren zuwenden. Hans Peter Kraus ist kein sonderlich bekannter Autor, seine Texte vertreibt er übers Internet und das Weihnachtswunder ist ein nettes kleines Gedicht, das mal wieder ein bisschen eine humorvolle Note in diesen Adventskalender einbringen kann. Ihr findet es direkt auf der Seite des Autors, hier: www.lyrikmond.de/gedichte-thema-11-119.php#1229

Fangen wir auch hier bei den Formalia an. Elf Verse, nur die letzten beiden, die als eigene ‚Strophe‘ organisiert sind, reimen sich, keine einheitliche Metrik und keine weitere strophische Gliederung, die Verse sind auch ganz unterschiedlich lang, zwischen einer und zehn Silben, es dominieren aber die mittleren Längen. Formal ist also eher wenig herauszuholen, lediglich die Absetzung der letzten beiden Verspaare kann als eine Art Einschnitt gesehen werden – was dadurch verstärkt wird, dass jede der drei Versgruppen (‚Strophen‘) genau einen Satz umfasst.

Das Gedicht ist inhaltlich deutlich einfacher als die vergangenen Gedichte, es folgt im Wesentlichen dem Aufbau eines klassischen Witzes. Zunächst wird die Situation etabliert (Zum ersten Mal läuft der Fernseher nicht) und dadurch der Heiligabend als etwas Besinnliches dargestellt, schließlich genießt das lyrische Ich diese Stille und diese besinnliche Stimmung. Es folgt der Bruch, die Pointe. Es war so ruhig wegen eines Stromausfalls, nicht wegen des Tages, nicht wegen der Stimmung, bloß wegen des Stromausfalls.

Ähnlich gut zu erfassen ist auch die Message, die das Gedicht transportiert. Die Gesellschaftskritik im Sinne einer medial überlasteten Gesellschaft springt einem ja fast schon entgegen. Die ganze Welt hängt am Fernseher (heutzutage: am Smartphone, am Computer), es bedarf schon höherer Gewalt, um das mal für eine kurze Zeit zu unterbrechen. Und dank dem Akku am Smartphone hilft nicht mal das weiter. Es ist ein Plädoyer für mehr Besinnlichkeit, für das Genießen der Stille, für das sich bewusste herausbewegen aus dem medial überlasteten Alltag. Wir sind ständig von Medien umgeben und umgeben uns nur zur gerne mit ihnen (auch du, lieber Leser dieses Blogs tust das – und ich finde das ausdrücklich gut!) und da kommt die Zeit zur Besinnung oft zu kurz.

Natürlich ist das Gedicht als kleiner Schwank konzipiert. Es soll gar keine tiefgreifende Revolution auslösen, will die Welt nicht verändern. Eine kleine, persönlich erzählte Geschichte als Anekdote, die exemplarisch für eine nicht unbedingt unkritisch zu sehende Welt gilt. Und natürlich ist das Ganze auch ein bisschen als ironischer Bruch der Weihnachtsidylle gedacht. Und es bringt auch nichts, dieses Gedicht jetzt noch weitere dreihundert Wörter zu zerreden, denn ich finde, das gibt dieses Gedicht einfach nicht her. Vielleicht noch eine Kleinigkeit zur ersten Strophe. Bemerkenswert ist hier, dass ganze drei Verse damit verbracht werden, zu betonen, was für ein außergewöhnlicher Moment das war, ganze sechsmal wird das hier betont – es scheint also um einen besonders schweren Fall der Fernsehsucht zu gehen.

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen dritten Advent – und lasst doch vielleicht während der Bescherung in zwei Wochen den Fernseher mal aus, schaden kann das bestimmt nicht!

Bis dahin!

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