Permalink

0

Serapionsbrüder #28: Die Königsbraut

k-WP_20151112_003Mit der letzten Geschichte der Serapionsbrüder kommt nochmal ein Märchen aufs Papier, das von Serapionsbruder Vinzenz geschrieben wurde. Tatsächlich handelt es sich damit auch um die einzige Geschichte, die Vinzenz vorträgt und gleichzeitig um eine Geschichte, die mir sogar vage bekannt vorkam, irgendwo hatte ich diese Geschichte schon mal gehört, aber ich weiß überhaupt nicht mehr, wo.

Es geht um eine junges Fräulein, die einem Studenten, dem Sohn des benachbarten Gutsbesitzers versprochen ist. Sie ist bis über beide Ohren in ihn verliebt, auch wenn sie mit seinen bildungsbürgerlichen Gewohnheiten nicht so viel anfangen kann. Sie kümmert sich viel um ihren Gemüsegarten und um ihren Vater, der sich die Zeit mit Astrologie vertreibt. Sie sind irgendwie adlig, aber nicht so wirklich einflussreich, es wirkt alles ein bisschen kleinbürgerlich. Auf einmal kommt ein Herr Baron vorbei und will das Fräulein heiraten – und es lässt sich tatsächlich dazu überreden. Doch es stellt sich heraus, dass der Baron in Wahrheit ein gnomischer Gemüsekönig ist, der das Fräulein nur manipuliert hat, was sie erst spät hinausfindet, als ihr Geliebter, in Sorge angereist, wieder vor ihr steht und sie ihn gemeinsam demaskieren. Tatsächlich schaffen sie es, den Gnom zu vertreiben und der Student kommt fortan zur Besinnung und merkt, dass sein lyrisches Schaffen ziemlich unterirdisch gewesen ist.

Ich habe die Handlung ein wenig gerafft, es ist mal wieder eine recht ausführliche Geschichte, insbesondere das Entlarven des Gemüsekönigs und das Nahrungsmittelmotiv habe ich etwas gekürzt, wenngleich letzteres in meinen Augen ein unglaublich spannendes ist. Nahrungsmittel haben ja beispielsweise in den Kinder- und Hausmärchen öfters mal eine gewisse Bedeutung, aber ansonsten ist ihre literarische Rezeption meinem Erachten nach eher gering, sieht man möglicherweise mal von Walter Moers kulinarischem Märchen ab.

Interessant ist hier, wie ganz viele Motive noch einmal aufgegriffen werden. Die Dreiecksbeziehung, die wir schon so oft hatten, ist auch hier zu finden, es geht noch einmal um Kunst und Poesie (und um das kleinbürgerliche Verständnis davon, dem der Student erlegen ist), generell noch einmal um das romantische Idyll mit Gemüsegärtchen und mit der Astrologie des Vaters ist auch nochmal eine seltsam-esoterische Pseudowissenschaft (vergleiche hierzu die Ausführungen über den Magnetismus oder die Mechanisierung der Figuren) vorhanden. Der Gemüsekönig bringt natürlich noch in phantastisches Element hinzu, insgesamt steckt in diesem abschließenden Märchen eine ganze Menge drin und entsprechend positiv ist das ganze rezipiert. Es gibt gleich mehrere Opernadaptionen, der Wikipediaartikel zitiert Gerhard Kaiser, der behauptet, das Groteske dieses Textes hätte unter Anderem Kafka und Dürrenmatt beeinflusst – und das klingt auch einleuchtend.

Denn grotesk ist dieses Märchen allemal. Ich weiß nicht, ob ich es jetzt meinen Kindern vorlesen würde, denn es ist an einigen Stellen sehr beängstigend, dann wieder von sehr feinem Humor und manchmal einfach völlig rätselhaft. Am Abschluss dieser serapiontischen Erzählung steht also eine, in der alles mal angerissen wird, die geradezu typisch für diese Sammlung ist und dennoch in ihrer Groteske und ihrer Phantastik eine der extremsten der Sammlung.

Nach der Geschichte spricht Theodor, dass ihn eine Ahnung ereile, dass man in dieser Konstellation vermutlich nie wieder zusammentreten würde – womit er wenig überraschend auch recht behält – und man solle aber stets das Andenken und den Geist des Serapions in sich tragen, in allem, was man schaffe.

Und damit ist es auch in der Zeit, dass wir uns verabschieden, wir haben uns jetzt in 28 Wochen einen ordentlichen Anteil von Hoffmanns Werk angeschaut und ich hoffe, es hat euch auch nur annähernd so viel Spaß gemacht, wie mir das Lesen. Meine Ausgabe ist übrigens für gerademal 20€ erhältlich und enthält einen wirklich umfangreichen Anhang, aber man kann die Geschichten auch alle im Internet nachlesen oder für einen symbolischen Euro als eBook kaufen, wenn euch einzelne Geschichten interessieren.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Leseprojekt. Nächsten Sonntag verrate ich euch, worum es geht und in zwei Wochen geht es damit dann auch los. Bis dahin!

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.