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Serapionsbrüder #23: Signor Formica

k-WP_20151112_003Signor Formica wird als Novelle eingeführt und ist mit gut hundert Seiten der umfangreichste Text in der Sammlung der Serapionsbrüder. Es ist eine Geschichte, die wieder relativ bekannt ist und die es auch in eigenständigen Ausgaben zu erwerben gibt – und es ist eine Hommage an den mittelalterlichen Schriftsteller Boccacio, den man mit Fug und Recht als Urvater der Novellensammlung zählen kann. Doch zunächst zur Geschichte:

Der Künstler Salvator Rosa ist auf dem Weg nach Rom und quartiert sich bei einer Bekannten ein, als er schwer erkrankt. Ein herbeigerufener Arzt ist jedoch nur hinter seinen Gemälden her und will ihn vergiften, als er von einem Wundarzt gesundgepflegt wird. Dem ist er nun zu großem Dank verpflichtet und erkennt den Künstler in ihm und bringt ihn zu Rang und Namen. Doch er ist in die Nichte eines gar furchtbaren Komponisten verliebt, an die er aber nicht herankommt. In mehreren Streichen versuchen die beiden, die Nichte zu entführen und den jungen Künstler mit ihr zu vermählen. Mithilfe eines Improvisationstheaters gelingt es schließlich nach mehreren Fehlschlägen die Angebetete zu entführen und sich mit ihr zu vermählen. Im weiteren Verlauf folgt Rosa dem jungen Paar nach Florenz, um dort seinen in Rom geächteten Künsten weiter nachzugehen. Doch auch der furchtbare Komponist kommt zurück und will den jungen Künstler für die Entführung verhaften lassen. Doch erneut ist das Theater zur Stelle, um den Vater mit einem improvisierten Stück zu versöhnen und ihn die Ehe akzeptieren zu lassen. Und natürlich war der Leiter dieses Theaters niemand geringeres als eben jener Salvator Rosa.

Die Geschichte spielt im Italien des ausklingenden Mittelalters – vermutlich – und mein größtes Problem waren die verschiedenen Namen, die für mich alle so gleich klangen, dass ich Mühe hatte, die Figuren auseinanderzuhalten. Wenn das aber erstmal gelingt, ist Signor Formica eine ziemlich interessante Novelle mit vielen spannenden Elementen. Zunächst das Theater. Formicas Theater ist eine völlig neue Form, es gibt ein paar Bänke und nur halbwegs feste Rollen, aber keine Handlung, die Stücke sind improvisiert und können tagesaktuell angepasst werden. Und da wir uns im Italien des späten Mittelalters befinden, kann es sich hierbei nur um die Commedia dell’Arte handeln, eine Form des Improvisationstheaters, die in dieser Zeit entstand und ausgesprochen beliebt war. Ähnlich komisch wie die Stücke auf dem Theater sind auch die Szenen, die uns vorgetragen werden.

In verschiedenen ‚Unfällen‘ wird immer wieder versucht, an die Tochter heranzukommen, was – wenn es nicht mitunter blutig wäre – schon etwas komisches in sich trägt, man stellt sich diese verzweifelten Versuche gerne vor und hat den Don Quijote im Hinterkopf und amüsiert sich königlich über die Streiche, die die beiden dem armen Komponisten spielen, der aber auch nur eine Karikatur des eingebildeten Künstlers ist. Mal wieder, wie so oft bei Hoffmann, ist die Ehe, die der Vater nicht wünscht, für den Fortgang der Handlung verantwortlich. Auch interessant ist das vorgetragene Ärztebild, denn diese spielen eine große Rolle – und nicht zuletzt sind mal wieder die Künste zentrales Thema in der Novelle – die die Musik, das Theater und die Malerei miteinander kombiniert um in ‚grellen Farben‘ , wie die Novelle zeitgenössisch rezipiert wurde, ein Feuerwerk an Situationskomik zu zünden.

Ich fand die Novelle persönlich sehr ansprechend und vergebe eine sehr herzliche Leseempfehlung –insbesondere dann, wenn euch die komischen Namen nichts ausmachen. Denn wenn schon der Kreis der Serapionsbrüder diese Novelle sehr positiv aufnimmt, wer wäre ich, dem Zirkel zu widersprechen!

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