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Serapionsbrüder #18: Die Brautwahl

k-WP_20151112_003Die heutige Geschichte ist deutlich länger als alle Geschichten vorher, knapp 100 Seiten stark ist sie und aufgeteilt in sechs längere Kapitel, von denen jede einzelne länger ist als die ersten beiden Geschichten.

Es geht um drei verschiedene Personen, die allesamt die gleiche Frau heiraten wollen. Einer ist ein geheimer Rat, der sehr büchervernarrt ist und Tage um Tage in den Bibliotheken verbringt, der mit vierzig noch quasi kein soziales Leben führt, aber schon seit einiger Zeit der Tochter eines Freundes versprochen ist. Diese Tochter hingegen hat sich in einen jungen Künstler verliebt, den sie unter dem Vorwand, ein neues Bild vom Vater malen zu wollen, ins Haus holt und mit ihm schon eine Beziehung eingeht. Ein dritter Bewerber stellt sich vor, ein junger reicher Baron, der aber weder vom Vater noch der Freundin bevorzugt wird.

Ein Goldschmied ist nun der Strippenzieher in dieser ausweglosen Situation. Wie kann die Tochter glücklich werden, ohne dass der Vater sein Versprechen brechen muss, wie kann der Konflikt der Brautwahl gelöst werden? Er fädelt eine Aktion mit drei Kästchen ein, aus der sich jeder der drei eins aussuchen soll und darin wunderliche Dinge findet, der Rat ein Buch, das die Gestalt jeden Buches der Welt annehmen kann, der Baron eine unendliche Münze und der Künstler seine Braut. Doch um sie zu erlangen, musste er einen Bund mit dem Goldschmied eingehen, nach der Heirat ein Jahr nach Italien zu fliegen, um dort ein Künstler zu werden. Und in seiner Zeit in Italien werden die Briefe immer weniger und liebloser, sodass es mit der Liebe dann auch ziemlich schnell vorbei war.

Wie schon häufiger bei Hoffmann geht es mal wieder darum, das Ideal zu erreichen, die Tochter wird völlig idealisiert – vor allem äußerlich – und scheint das erstrebenswerteste zu sein, was es gibt, sodass gleich drei Anwärter nicht abzuschütteln sind. Und dann tritt der Goldschmied als eine Art Teufel auf, schließt mit dem Künstler eine Art Teufelspakt, wie dieser es schaffen kann, sie zu bekommen. Das ganze wird auch gut eingefädelt und der Goldschmied schafft es, das ganze reibungslos über die Bühne zu bringen, die Gegenstände haben übersinnliche Elemente in sich und auch sein Auftreten wirkt ziemlich mystisch, als habe er düstere Kräfte. Und – was wir auch schon häufig behandelt haben – der einzige, der sein Ziel erreicht, scheitert. Die Heirat wird bald gelöst, die Liebe verfliegt schnell. Dieses Scheitern ist geradezu typisch für Hoffmann, der gerne Ideale aufbaut, die sich dann als das Gegenteil davon herausstellen.

Interessant fand ich hier die Erzählstruktur. Der Goldschmied scheint den Künstler erst zu seinem Glück zwingen zu wollen und in den ersten zwei Kapiteln ist von der Brautwahl an sich noch keine Rede, sondern es werden erstmal die Figuren eingeführt und charakterisiert – das macht sie natürlich viel plastischer und lebendiger, etwas, was in vielen Geschichten leider hinten runterfiel – und das gefällt mir außerordentlich gut. Generell fand ich die Geschichte sehr stark. Übersinnliche Elemente aus dem zweiten Band werden mit den idealtypischen Frauenfiguren des ersten Bandes kombiniert und ergeben so eine lange, lesenswerte Geschichte, die aber in der Rezeption oft etwas hinten ansteht, es gibt relativ wenig Arbeiten dazu, sie wurde mal als Oper adaptiert, aber auch diese war nicht besonders erfolgreich. Es wird am ehesten noch auf die negative Darstellung der Juden in der Geschichte eingegangen, ein sicherlich interessanter und wichtiger Ansatz, der aber meiner Ansicht nach das Potenzial der Geschichte, gerade der Figur des Goldschmiedes, nicht ausschöpft.

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