Permalink

0

Serapionsbrüder #15: Meister Martin, der Küfner, und seine Gesellen

k-WP_20151112_003Ich glaube, diese Geschichte ist bis dahin die längste. Aber generell ist es so, dass die folgenden Geschichten insgesamt deutlich länger werden, wir haben jetzt in den ersten 14 Geschichten knapp 500 Seiten der Serapionsbrüder gelesen, die folgenden 14 Geschichten umfassen aber 700 Seiten. Und diese Geschichte hat auch etwas, was ich bisher erst beim Nussknacker gesehen habe: Kapitelüberschriften! Aber kommen wir mal zur Geschichte:

Meister Martin ist Küfnermeister und wurde gerade zum Vorsitz der Gewerksversammlung gewählt. Doch er hat eine Eigenheit: Er will seine Tochter, weil seine Großmutter eine Weissagung bei der Geburt abgab, nur an einen tüchtigen Küfnergesellen verheiraten. Vor der Stadt treffen sich gleich zwei Burschen, die diese Eigenheit kennen und ihr eigentliches Handwerk (Goldschmied und Künstler) aufgeben wollen, um die Tochter zu bekommen. Und die beiden Gesellen sind auch durchaus tauglich und freundlich und alles ist schön. Ein dritter Geselle kommt hinzu, der eigentlich aus dem Ritterstand kommt, auch er will die Tochter bekommen, er bringt etwas Unruhe hinein, aber eigentlich ist noch immer alles gut, bis der Ritter im Wahn seinen Meister zu erschlagen versucht. Bald darauf dann verjagt Meister Martin seine Gesellen nach und nach, weil er herausfand, dass sie eigentlich einem anderen Handwerk nachgehen und nur zum Zwecke der Heirat beim Küfner in die Lehre gingen. Schließlich nimmt einer der Gesellen Kontakt zu seinem alten Meister auf und will mit seiner Hilfe seiner Angebeteten ein Geschenk machen, einen silbernen Pokal. Und tatsächlich schafft er es damit, den Meister von seiner Ansicht abzubringen, weil er in dem Pokal die Weissagung erfüllt sieht. Er darf die Tochter heiraten. Zur Hochzeit erscheinen auch die beiden anderen Gesellen, inzwischen glücklich und erfüllt und überreichen ihre Glückwünsche – und der Ritter überdies seinen Dank, dass er vom Wahnsinn geheilt wurde.

Nachdem ich in der letzten Geschichte relativ wenig Spannendes gefunden habe, gibt es in der Geschichte eine ganze Menge zu erzählen. Sie wird von den Serapionsbrüdern als serapiontisch betrachtet, auch weil Silvester, der sie erzählt, die Geschichte von innen heraus anhand eines Bildes geschaut hat. Dieses Motiv eines Bildes als Vorlage für Geschichten finden wir im Rahmen der Serapionsbrüder häufiger und scheint eine Hauptquelle der Inspiration zu sein. Auch schlägt sich dieses ‚wahrhaft aus dem Inneren Schauen‘ in der Geschichte im weitesten Sinne nieder, in der ja Meister Martin den Gesellen ins Innere schauen will und voraussetzt, dass diese wahrhaft und einzig ihre Persönlichkeit ausdrücken.

Zudem taucht das altbekannte Wahnsinnsmotiv hier wieder aus – in Form des Ritters, der seinen Meister zu erschlagen sucht, darin aber glücklicherweise scheitert und erst später von diesem Wahnsinn befreit wird. Was mich gewundert hat, ist, dass es in dieser Geschichte ein echtes Happy-End gibt. Keiner scheitert, es gibt keinen Verlierer und alle werden am Ende glücklich.

Und ich finde diese Geschichte einfach schön. Es ist natürlich eine romantisch-verklärte Sicht auf die beginnende Neuzeit, die auch durchaus rückwärtsgewandt präsentiert wird, aber insgesamt ist die Geschichte einfach wunderschön erzählt, man hat das Gefühl, jedes Wort sitzt an der richtigen Stellen – und auch die zeitgenössische Rezeption spricht von einer sehr gelungenen Geschichte, ein Lob, dem ich mich gerne anschließen möchte. Auch wenn es ein wenig kitschig wirkt und mir die übersinnlichen Elemente schon ein wenig fehlen, war das einfach eine Geschichte, die man gerne liest und sich darüber erfreut.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.