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Serapionsbrüder #12: Die Automate

k-WP_20151112_003Kommen wir also heute zu einer sehr bizarren Geschichte, zu der man im dazugehörigen Wikipediaeintrag lesen kann, dass die Rezipienten dieser Geschichte ziemlich ratlos wirken. Mal sehen, was ich dazu erzählen kann.

Theodor kündigt ein Fragment an und erzählt eine weitere Episode aus dem Leben des Ferdinand, jener, der schon Gesprächspartner in „Der Dichter und der Komponist“ war. Es geht um einen Automat, der, als Türke verkleidet, auf Fragen der Besucher mit einem weisen Sinnspruch, der stets Raum für Deutungen lässt, aber immer zur Frage passt, antwortet. Die Mechanik hinter der Automate ist völlig unklar. Es ist erwiesenermaßen kein Bauchredner, auch kein versteckter Mensch, es ist nicht mit dem Boden verwachsen und man ist völlig ratlos, was das für eine Maschine war. So auch jener Ferdinand, der von einem Ausspruch der Automate schwer getroffen wird, weil die Maschine in der Lage ist, Geheimnisse aus seiner Vergangenheit zu kennen. Klar ist nur, dass irgendein seltsamer Professor, der neben Physik und Chemie auch die Mechanik beforscht, involviert ist. Beim Treffen mit diesem Professor ergibt sich zunächst wenig, ein zweites Treffen muss vertagt werden, weil Ferdinand schnell fortgerufen wird. Auf seinem Weg hinfort, sieht er die Prophezeiung der Automate sich – zumindest in einer möglichen Form – erfüllen, er trifft auf das Mädchen, das erwähnt wurde und verliert sie durch ihre Heirat.

Ich muss sagen, mich ließ diese Geschichte auch erst ratlos zurück, allerdings liefert Theodor ja die Erklärung mit und ich folge seiner Erklärung irgendwie sehr gerne. Wie wäre es denn, wenn es am Ende einfach alles gelöst würde? Damit würde der Geschichte wahrscheinlich das Unheimliche genommen werden. Denn wenn ich weiß, was das für ein Türke war, wie der Mechanismus funktioniert, wie er hinter die Geheimnisse kommen konnte – welche Spannung bleibt dann noch in der Geschichte? Es geht in der Geschichte zeitweise noch um ideale Klänge und Töne, um neue Konstruktionen von Musikinstrumenten und um die Möglichkeit, möglichst nah an die Naturtöne, denen eine eigene Harmonie immanent ist, heranzukommen. Interessant an der Geschichte ist jedoch auch, dass man geneigt ist, nicht an diese Maschine zu glauben, gleichzeitig aber begierig ist, zu erfahren, was hinter der Maschine steckt. Letzten Endes habe ich auch keine Ahnung, bin aber geneigt zu glauben, dass genau das der Witz hinter der Maschine ist. Vielleicht wäre es mal interessant, den Text haarklein auseinanderzunehmen und zu schauen, ob tatsächlich alle Möglichkeiten, wie die Automate beschaffen sein könnte, ausgeschlossen wurden, vermutlich hat Hoffmann die Maschine genauso konzipiert.

Insgesamt finde ich die Geschichte, gerade beim Nachdenken darüber, ziemlich genial gemacht. Gerade weil sie so unauflösbar ist, hat sie einen gewissen Reiz, lässt einen irgendwie beklemmend zurück und ist vielleicht auch ein Prototyp von Science-Fiction-Romanen, denn hier kommt irgendwie ein Motiv einer Maschine, deren Funktion unser Geist nicht erfassen kann, zum Einsatz, eine Maschine, die scheinbar unsere Gedanken kennt und uns Ratschläge geben kann – und eine Maschine, die nicht entzaubert werden kann. Die große Angst vor nicht beherrschbaren Maschinen kommt zwar eigentlich erst im Expressionismus auf, aber klingt hier zumindest schon ein wenig an.

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