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Oleander. Vom Lesen und Töten – Jan Büchsenschuss

k-2016-09-20-23-16-53Auch dieses Buch war ein Rezensionsexemplar. Der Autor schrieb mich an und allein schon der Titel des Buches brachte mich dazu, es zu lesen. Ich find Bücher über das Lesen und mit vielen Anspielungen an andere Bücher ja ohnehin großartig – und dann auch noch mit einigen Krimielementen drin, war es ja klar, dass ich dazu nicht nein sagen kann.

Ich kann hier gar nicht so viel über die Handlung sagen, weil ich sonst zu viel verrate. Aber es geht um eine Familie mit langer Tradition. Die Familie Oleander gibt es seit Jahrhunderten und es war immer üblich, dass das Familienüberhaupt die Familie ernährt hat und das Vermögen dann an den nächstältesten weitergegeben wurde. Doch dann trifft die Familie zusammen und der Notar öffnet das Testament: Der Vater hat ein Erbe aufgesetzt, das, wenn die Familie nicht innerhalb eines Wochenendes ein Passwort herausfindet, das Erbe an die örtliche Bibliothek geht. Das kann diese sehr arrogante und auf hohe kulturelle Bildung bedachte Familie natürlich nicht haben und so beginnt eine wilde Schnitzeljagd zwischen Wells, Verne und Nietzsche. Und dass das Haus jede Menge Geheimgänge hat, ist natürlich vorteilhaft. Zumindest für den Teil des Titels, der mit dem Töten zu tun hat. Denn recht bald findet man eine Leiche. Und was dann passiert, das passt auf keine Kuhhaut.

Es ist ein bisschen schwierig, das hier zu rezensieren, ohne zu viel zu verraten, denn alle Anspielungen, die ich jetzt hier machen würde, würden zu viel verraten. Ich fühlte mich jedenfalls ein bisschen an einen Krimi-Klassiker erinnert und ich glaube, dass diese Anlehnung durchaus bewusst war. Und ich muss sagen, das war auch durchaus gut umgesetzt. Ich fand die Kriminalgeschichte dahinter wirklich gut und gelungen, clever geplant und wirklich gut erzählt.

Bemerkenswert ist die Familie. Ihnen ist es enorm wichtig, gut gebildet zu sein – oder sagen wir lieber, total belesen zu sein. Es geht nicht um wirklichen Intellekt, sondern um Belesenheit. Man muss, um in der Familie aufgenommen zu sein, die ganzen klassischen Werke zu kennen und darüber endlose Konversationen zu führen. Man sagt mir hin und wieder nach, dass ich so ähnlich ticke, aber das möchte ich von mir weisen. Ich kenne bei weitem nicht so viele klassischen Werke – und ich bin bei weitem nicht so ‚rassistisch‘, wenn es um meine Lektüreauswahl angeht. Bei den Oleanders lagern die Schundwerke alle auf dem Dachboden – und dort werden Autoren wie Hohlbein, Brown oder Schätzing erwähnt – die ich schon zahlreich rezensiert habe. Und was die Oleanders wohl zu meinem Heftromanprojekt gesagt hätten?

Der Autor selbst ist übrigens promovierter Architekt – hat allerdings zu Goethes Architektur promiviert, also scheinbar durchaus an Literatur interessiert. Und man merkt auch, dass der Autor die zitierten Werke kennt. In einigen Rezensionen hieß es, dass das Lesen ziemlich anspruchsvoll sei. Ich kannte jetzt nicht alle erwähnten Werke, aber schon einige und hatte auch bei den mir unbekannten keine Probleme zu folgen. Büchsenschuss hat sich da auch recht bekannte Titel und Autoren ausgewählt – ich vermute, es sind auch gerade die Titel, die ihm gut gefallen und die er auch kennt – und sie passten gut in die Geschichte. Natürlich ist das nicht die Meinung des Autors, dazu ist die Geschichte mit einem zu großen Augenzwinkern geschrieben, aber es ist einfach amüsant zu lesen, eine spannende Reise durch die Weltliteratur.

Mir haben auch die Charaktere gut gefallen, auch wenn es am Anfang etwas schwierig war, sie auseinanderzuhalten. Und auch bei diesem Buch hätte es nicht geschadet, wenn noch ein bisschen mehr Zeit für die Charakterentfaltung gewesen wäre. Ein paar mehr Dialoge, insgesamt etwas mehr dieser ersten Phase, mehr Literatur wären schön gewesen, der zweite Teil funktionierte nämlich wirklich gut und war unglaublich spannend zu lesen. Ich wurde förmlich in das Buch hinein gesogen und konnte nicht mehr aufhören zu lesen. Und das hatte ich wirklich lange nicht mehr.

Ich spreche für das Buch eine absolute Leseempfehlung ab. Von einem Indie-Autor ist hier überhaupt nichts zu spüren, es ist ein genialer Krimi mit einem tollen Motiv einer Familientragödie und einer seltsam mondänen Bibliophilie, was mir absolut super gefallen hat. Ich könnte darüber auch noch 500 Seiten lesen, so viel Spaß hat mir das gemacht. Dazu trägt natürlich auch der tolle Schreibstil des Autors bei. Ich bin wirklich sehr glücklich damit gewesen und vergebe gerne 4,5/5 Sternen für dieses tolle Buch. Wenn ihr mal einem Indie-Autoren eine Chance geben wollt, versucht es mit diesem Buch. Es lohnt sich!

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