Nach meinem ersten Leseversuch im April 2013 (2 Bände), folgten weitere Donna-Leon Rezis im Oktober 2013, im Dezember 2014 und im Mai 2015. Höchste Zeit also, sich mal wieder einen neuen Krimi über Guido Brunetti vorzunehmen. Dieses Mal ist es allerdings nicht ein aktueller Band, sondern ein etwas älterer und es ist auch ein deutschsprachiger Band, den ich günstig als Mängelexemplar erstand. Ich las ja zuletzt die englischsprachigen Bände hin und wieder recht gerne, also dachte ich, es wäre mal wieder Zeit, es auf Deutsch zu versuchen. Als mir dann dieses wirklich wunderschöne Buch über den Weg lief, konnte ich nicht anders, als zuzuschlagen.

Bei Nacht wird ein angesehener Kinderarzt von der Militärpolizei überfallen, brutal zusammengeschlagen, sein Kind wird entführt. Brunetti wird unsanft geweckt und fährt noch in der Nacht ins Krankenhaus, wo er bei viel Kaffee seine ersten Ermittlungen beginnt und noch nicht wirklich viel über das brutale Vorgehen der Kollegen herausfinden kann – informiert war er selbstverständlich nicht, rechtlich scheint aber alles auf der richtigen Seite zu sein. Der Kinderarzt wird verdächtigt, illegal ein Neugeborenes adoptiert bzw. einer Albanerin abgekauft zu haben. Auf dem offiziellen Dienstweg ist nicht mehr zu erfahren und als kurze Zeit später eine Apotheke auf äußerst rücksichtslose Weise verwüstet wird, ergeben sich nur noch mehr Fragezeichen in Brunettis Abteilung. Doch schnell ist klar, dass es hier nicht nur um das Kind und die Familienehre, sondern auch um Versicherungsbetrug durch Fachärzte geht. Und wo ist eigentlich das Kind hin?

Wann immer ich einen Donna-Leon Krimi zur Hand nehme, habe ich ganz klare Erwartungen an ihn. Ich weiß genau, mich wird ein Abenteuer in Venedig erwarten, bei Brunettis zu Hause wird wie immer alles perfekt sein, Brunetti wird ständig irgendetwas essen und jede Menge Wein trinken und zwischen allem wird er in einem Fall ermitteln, in dem er eigentlich gar nicht ermitteln sollte und widersetzt sich damit dem Befehl seines Vorgesetzten. Dabei wird es immer mal wieder etwas dreckig, man bewegt sich in den Feldern der Korruption und Geheimabsprachen und auch die Ermittlungsmethoden entsprechen nicht immer unbedingt den gängigen Datenschutzrichtlinien.

Ich glaube, diesen Abschnitt werde ich demnächst mal kopieren und dann bei jedem Donna-Leon Krimi einfügen. Ich weiß gar nicht so genau, was ich damals gegen diese Krimis hatte, aber vermutlich hatte ich einfach damals bei Krimi noch an einen spannungsreichen, flotten Krimi gedacht und nicht an diese doch eher entspannten Krimis. Das wird ganz deutlich, wenn Brunetti mal im Stress ist. Stress heißt für Brunetti, dass er in zwei Stunden ein Treffen hat, vorher nochmal kurz im Krankenhaus vorbeischaut und dann sein Mittagessen an der Bar einnehmen muss und keine Zeit für drei Gänge hat. Ich finde, an dieser Szene kann man so viel über diesen Krimi ablesen. Wer einfach mal einen entspannten Sonntagnachmittag-Krimi braucht, ist mit Donna Leons immer gut bedient. Es ist auch immer ein kleiner sozialkritischer Anschlag mit drinne, der sich meistens in den Fällen wiederfindet.

Ich muss sagen, ich hatte unglaublich viel Spaß an dem Krimi. Ich hatte in der letzten Woche immer nicht so viel Zeit zum Lesen und freute mich dann mal zwischendurch über eine Viertelstunde Entspannung mit Donna Leon. Es lässt sich gut lesen, es ist auch durchaus ein bisschen spannend, raubt aber niemandem den Atem. Ich glaube nicht, dass man ein solches Buch nochmal lesen würde – und den Neupreis von inzwischen 24€ würde ich dafür auch nicht bezahlen wollen – aber für ein paar Euro als Mängelexemplar nehme ich diese Bücher gerne mit – und jetzt weiß ich, dass ich auch in deutscher Sprache mit ihnen etwas anfangen kann. Highlights sind das keine, aber zum Abschalten zwischendurch wirklich schön. Dafür gebe ich doch mal gut und gerne 3,5/5 Sternen.