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Gregs Tagebücher – Jeff Kinney

IMAG0866Sie sind ja im Moment in aller Munde, Millionenfach verkaufen sie sich, 8 Bände sind inzwischen veröffentlicht und Buchhändler, Bibliotheken, Lehrer und Eltern sind begeistert: Endlich lesen die Jungen wieder. Jungen zwischen 8 und 16 gelten ja gemeinhin als schwierige Zielgruppe, es gibt wenig tolle Bücher für diese Altersklasse und die Lust am Lesen ist gerade in dieser Gruppe eher gering. Gregs Tagebücher revolutionieren hier scheinbar den Markt.

Das ist nicht nur so ein plattes Standardgerede, das kann ich tatsächlich aus meinem eigenen Alltag bestätigen. Nichts wird von Jungen so häufig nachgefragt wie diese Bücher. Zeit, unsere doch schon etwas mitgenommenen Exemplare mal durch einen zweiten Satz zu ergänzen. Und bevor sie bei den Jungs landeten, legten die 8 neuen Bücher noch einen kurzen Zwischenstopp bei mir ein, denn ich nutzte die Gelegenheit und wollte mir mal anschauen, was das eigentlich für Bücher sind, die da so fleißig gekauft und ausgeliehen werden. Doch weil die einzelnen Bücher nicht wirklich viel hergeben und ich eigentlich keine Sterne dafür vergeben möchte, gibt es jetzt hier meine Meinung als Sammelbeitrag.

Es geht in allen Bänden um Greg. Greg ist einerseits so ein bisschen ein Versagertyp, aber an sich auch ganz clever, fängt langsam an zu pubertieren und wirkt manchmal noch sehr kindisch, manchmal aber schon ziemlich erwachsen. Er geht auf die Junior-High-School und erlebt da viele mehr oder weniger angenehme Sachen, knüpft erste Kontakt mit Mädchen, erlebt viele peinliche Dinge, macht eine ganze Menge Unsinn, hat eine etwas gestörte Selbstwahrnehmung… eben so ein typischer Junge von 12 Jahren.

Was dieses Buch so besonders macht, ist die äußere Form des Textes. Es handelt sich um ein Tagebuch, also einen Ich-Erzähler, der zusätzlich noch viel zeichnet. Der Satz ist einer Handschrift nachempfunden, also haben wir so eine wilde Mischung aus Comicbildern und Fließtext – es bezeichnet sich selbst als Comic-Roman und das ist auch ganz passend – und diese Mischung trägt natürlich maßgeblich zum Erfolg des Buches bei. Das führt dazu, dass es sich leicht und abwechslungsreich lesen lässt – eben nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch. Natürlich führt das auch dazu, dass ich für so ein Buch von 200 Seiten Dicke kaum mehr eine Dreiviertelstunde brauche J

Die einzelnen Bände decken inhaltlich ungefähr einen Sinnabschnitt ab. Mal sind es die Sommerferien, dann wieder ein Schulhalbjahr – ich glaube im ersten Band war es noch ein ganzes Jahr, aber ich denke, damit Greg nicht zu schnell älter wird, wurde das Tempo ein gutes Stück gesenkt. Die Serie lebt natürlich von ihren Running Gags. Das sind Gregs dauernden Misserfolg bei Mädchen, die ständigen Annäherungsversuche von einem seltsamen Typen aus der Nachbarschaft und weitere Sachen, die sich durch jedes Buch ziehen, dennoch hat jedes Buch in irgendeiner Form wieder neue Ideen. Klar, irgendwann wiederholt es sich auch mal und ähnliche Motive werden in leicht abgeänderter Form wieder aufgenommen, aber das ist vollkommen okay so, man kann ja nicht zu jedem Band das Rad neu erfinden.

Die wichtigste Frage: Haben mir die Bände gefallen? Ich denke schon, ja. Ich habe sie zumindest ganz gerne gelesen und länger als zwei Tage lag keiner von ihnen bei mir zuhause herum. Also haben mir die Bücher schon sicherlich irgendwie gefallen. Ich würde nicht sagen, dass sie zu meinen Lieblingsbüchern zählen, aber ich fand sie unterhaltsam. Jeff Kinney sagte in einem Interview, er habe die Tagebücher eigentlich mal für Erwachsene geschrieben – und genau darum hatte ich auch meinen Spaß daran. Es ist einerseits direkt in der Lebenswelt eines Zwölfjährigen angesiedelt, aber für den dieser Welt entwachsenen Leser verstecken sich durch das Plus der eigenen Erfahrungen und Erinnerungen an die eigenen Ansichten nochmal andere Ebenen in den Büchern, die voller bitterer Ironie sind und wirklich gut unterhalten.

Letzten Endes noch ein kurzer Blick darauf, was Greg mit den jungen Lesern macht. Haben sich eigentlich – wie beim letzten Jugendbuch-Hype – irgendwelche religiösen Gruppen gemeldet, dass das Buch total ketzerisch sei und die Jugend verderben könne? Sicherlich ist Gregs Tagebuch nur auf der Metaebene als moralischer Leitfaden zu verstehen, aber das muss ein Buch auch nicht. Ich glaube aber nicht, dass ein Zwölfjähriger nur wegen Gregs Tagebüchern anfangen wird, jede Menge Unsinn zu machen (In diesem Fall, liebe Eltern: Selber lesen und mitbekommen, wie sich Gregs Eltern wehrenJ), sondern denke eher, dass es eine Chance sein kann, Jungen zum Lesen zu bringen. Allein dafür sind die symblischen 5 Sterne, unter denen ich diese „Rezension“ einsortieren möchte.

So wie Hohlbein oftmals eine Einstiegsdroge für High-Fantasy ist, kann Gregs Tagebuch eine Einstiegsdroge für Jugendromane sein. Und das macht Gregs Tagebuch gut und darüber kann man nur glücklich sein.

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