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Der tolle Invalide – Achim von Armin

Wir sprachen ja schon über Clemens Brentanos Geschichte vom braven Kasperl, der zuerst in einem kleinen Almanach erschien, der zugunsten Kriegsinvalider verlost wurde. Gaben der Milde hieß diese Serie von vier kleinen Bändchen (die heute gebraucht für zusammen über 1000€ gehandelt werden!), viele namhafte Autoren dieser Zeit verfassten hierfür eigene Geschichten, die oft erst Jahre später an anderer Stelle veröffentlich wurden. So auch diese Geschichte über einen Kriegsinvaliden von Achim von Armin. Das Thema ist für eine solche Sammlung ja auch denkbar passend.

Rosalie pflegt einen Offizier gegen den Willen ihrer Mutter, dafür kehrt dieser nach dem Krieg zu ihr zurück und nimmt sie zur Frau. Doch durch den Krieg ist er in den Wahnsinn verfallen und nur dank Rosalies (heimlichen) Engagement bekommt er ein Fort, das er bewachen soll. Als er jedoch erfährt, dass Rosalie dafür verantwortlich war, wird er richtig sauer und sie mit ihrem Säugling fort. In seinem Wahn erklärt er der Stadt den Krieg und blockiert den Seeweg nach Marseille. Für den Kopf seiner Frau werde er das Fort übergeben. Seine Frau hingegen nähert sich dem Fort und schließlich provoziert sie einen Wutausbruch, bei dem sich seine Kopfwunde öffnet und der Wahnsinn dadurch verschwindet. Schließlich wird ihm vergeben.

In dieser Erzählung sind wieder einige typische Motive der Romantik zu finden. Das Motiv des Wahnsinns, das wir ja gerade während wir uns mit E.T.A. Hoffmann beschäftigt hatten, häufiger sahen (übrigens wurde auch ‚Erscheinungen‘ von ihm zuerst in dieser Sammlung Gaben der Milde veröffentlicht), tritt hier wieder auf, hier ist es aber nicht so sehr übersinnlich, sondern fast schon biologistisch durch eine Kopfwunde bedingt und verschwindet damit auch wieder. Ein bisschen phantastisch wird im letzten Satz „Liebe treibt den Teufel aus“, der aber jetzt auch nicht wirklich auf übersinnliche Phänomene verweist. Der Wahnsinn ist auch hier nicht mit einem Aspekt des Künstlertums verknüpft und funktioniert auch nicht so sehr generativ, wie er manchmal bei Hoffmann ist, sondern ist einfach ein typischer Wahnsinn, bei dem ein Verrückter eine ganze Stadt zum Narren hält und die liebende Frau dann die Rettung bringen kann.

Es ist wohl auch diskutiert worden, was damit gemeint ist, dass eine deutsche Frau einen französischen Soldaten zur Besinnung bringt, in unruhigen Zeiten sicherlich auch eine Art Friedenssignal oder, je nach Auffassung eine Provokation gegen Frankreich. Was genau jetzt damit ausgesagt wird, hat sich mich nicht erschlossen, aber ich weiß auch, dass sich in dieser Zeit die beiden Nationen sehr kritisch beäugten. Soweit zu gehen, das als politische Erzählung zu sehen, würde ich allerdings nicht. Es wurde weiterhin diskutiert, ob es sich hier mehr um ein Märchen, eine Novelle oder wasauchimmer handelt. Und das ist tatsächlich ganz spannend, denn ein Märchen ist es eher weniger, aber auch zu einer Novelle mag die Erzählung nicht so ganz passen. Also bleiben wir doch einfach bei ‚Erzählung‘.

Leider muss ich jedoch sagen, dass mich diese – zugegeben ziemlich kurze, kaum 25 Seiten starke – Erzählung nicht so wirklich begeistern konnte. Es wurde relativ flott und zügig erzählt und über die Erzählweise gibt es auch nicht so wahnsinnig viel zu klagen – und genau das fand ich etwas schade, denn so besonders und spannend wie bei den anderen Erzählungen war der Erzählstil hier leider auch nicht. Es war nichts, was mich wirklich gefesselt hat, es kommen zwar romantische Motive vor, aber es ist meiner Meinung nach definitiv kein Must-Read. Ich würde jetzt mal 3/5 Sternen geben und allen, die sich nicht so intensiv mit dem Thema auseinandersetzen wollen, können sich diese Erzählung gerne sparen.

 

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