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Der blutende Planet – Markus L. Stettler

k-WP_20151023_002Vor einiger Zeit hatte ich mal angekündigt, demnächst auch mal Bücher zu lesen, die nicht von großen Verlagen beworben werden, sondern von Kleinverlagen oder Selbstverlegern auf den Markt gebracht werden, welchen dann naturgemäß wenig Aufmerksamkeit zukommt. Markus L. Stettler kontaktierte und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, sein Buch zu besprechen und schickte mir dieses dann auch prompt aus der Schweiz zur Rezension zu. Vielen Dank dafür!

Der blutende Planet ist der erste große Roman in dieser Serie, es gibt bereits eine Novelle, die als Prequel dient und frei verfügbar ist; für den Dezember ist ein zweiter Band angekündigt. Wie der Titel nahelegt, handelt es sich um eine Science-Fiction-Saga, die sich mit nichts geringerem, als der großen Frage nach Selbstbestimmtheit befasst:

In einer anderen Welt wurde nach den großen Kriegen eine neue Gesellschaftsordnung eingeführt. Um Kriege zu verhindern gibt es eine klare Trennung zwischen der arbeitenden und produzierenden Kaste, den Kriegern und der Wissenschaftsreligion. Im zweiten Lebensjahr werden die Kinder mittels DNA-Analyse einer Gruppe zugewiesen. Widerständler gibt es kaum, Geheimnisse jedoch umso mehr. Drei Individuen, Leos, ein Offizier mit besonderem Hintergrund, Franzin, ein junger, querdenkender Mönch und eine nicht registrierte Rebellin begehren zunächst unbewusst gegen diese Gesellschaft auf und decken nach und nach die Geheimnisse und Lügen auf, auf denen die Welt basiert. Dabei kommt es nicht nur zum Konflikt zwischen den Parteien untereinander und gegen geheime Hintermänner, sondern auch ganz persönliche Schicksale spielen eine Rolle. Wer ist wirklich Leos Familie, wer ist diese nicht registrierte Rebellin – und wie kann der junge Mönch, der in Unmündigkeit aufwuchs, sein Wissen für die Welt nutzen?

Wir tauchen schließlich in einen offenen Krieg ein, in dem ein ganzer Planet, der zur Energiegewinnung genutzt wird, gesprengt werden soll, um an ein uraltes Geheimnis zu kommen, welches nur noch in Märchen thematisiert wird. Doch davon weiß niemand, nur ein geheimnisvoller Unbekannter, welcher mit einer geheimen und inoffiziellen Gruppierung die Geschicke lenkt, weiß was passiert. Als dann auch noch der alte, fast vergessene Adel eingreift, ändert sich alles und die Grundlagen für eine gesamte Revolution des Universums werden gelegt.

Ich will es ganz am Anfang sagen: Das Buch ist lang. Es ist gar nicht mal die Zahl von 550 Seiten, es sind eher die ziemlich großen und eng bedruckten Seiten. Ad-hoc geschätzt würde ich vermuten, dass es in einem ‚klassischen‘ Taschenbuchformat sicherlich 700-800 Seiten umfassen würde. Das passt allerdings sehr gut zu der Geschichte, denn sie trägt sich über diese 550 Seiten wirklich gut. Wir haben es hier mit einem klassischen Science-Fiction-Roman zu tun. Es hat nichts von einer Space Opera, es ist keine bloße Weltraumgeschichte, sondern ganz im Zeichen der frühen Science-Fiction-Romane ist eine Art Dystopie miteingewoben, die zunächst in der Gesellschaftsordnung und Charakterzeichnung den Lehrbuchmerkmalen entspricht, diese aber nicht einfach nur übernimmt, sondern noch weiterverarbeitet und in einen modernen Science-Fiction-Roman überführt.

Die Charaktere und deren Entwicklung gefallen mir ausgesprochen gut. Die ersten paar Seiten ist es noch etwas schwierig, hineinzufinden, aber wenn man die vier Handlungsstränge dann erstmal kennengelernt hat und auseinanderhalten kann, fühlt man sich sehr schnell wohl in der Geschichte, die nicht nur ziemlich gut zusammenhängt und deren Stränge gut zusammen finden, sondern deren Charaktere stets noch eine unerwartete Vergangenheit in sich tragen. Durch die gute Länge der Geschichte bekommen sie auch die Chance, richtig aufzugehen und sich zu entwickeln. Um nicht zu viel zu verraten, will ich an dieser Stelle nur erwähnen, dass keiner der Charaktere so eindimensional ist, wie sie auf den ersten Seiten noch scheinen mögen.

Und um noch einmal auf die Geschichte an sich einzugehen: Es sind klassische Motive der Science-Fiction dabei, keine Frage. Raumstationen, Raumschlachten, Attentate, Kämpfe auf den Planeten, groß inszenierte Einzelkämpfe, groß inszenierte Schlachten, modernste Technik trifft auf antiquierte Werte und Märchen werden zu Wahrheiten. Die Geschichte um die vier Energien und die etwas vage Vergangenheit dieser Welt gefällt mir ausgesprochen gut, das Konzept einer Wissenschaftsreligion finde ich auf verschiedenen Ebenen sehr gelungen und die ganzen Absprachen von geheimen Organisationen ist quasi symptomatisch für unsere Zeit. Ich denke, mein Punkt wird deutlich: In diesem Roman steckt für jeden etwas. Etwas Gesellschaftskritik, etwas Dystopie, etwas Science-Fiction und eine sehr harmonische Mischung aus allem.

Insgesamt bin ich von diesem Buch – meinem ersten Kontakt mit einem Independent Schriftsteller – sehr angetan. Ich freue mich wirklich darauf, einen kommenden zweiten Band zu lesen und hatte unglaublich viel Spaß dabei, den Charakteren durch ihre persönliche Wandlung und durch den eng gewobenen Plot zu folgen. Und die typischen Ängste, die man bei Indie-Autoren hat (“fehlendes Lektorat, doofer Satz, schlechte Geschichten, weil sonst wären sie ja bei einem großen Verlag erschienen”) waren allesamt unberechtigt. Es ist ein wirklich tolles Buch, für das ich gerne 4,5/5 Sternen gebe. Und ganz ehrlich: Für den günstigen Preis von 3,99€ als eBook solltet ihr dieses Buch auch alle lesen – zumindest wenn ihr glaubt, es könnte euch interessieren.

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