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#dbp18: Sechs Koffer – Maxim Biller

Der Name Maxim Biller sagte mir zumindest entfernt etwas. Und es scheint auch, als sei dies einer der populäreren Autoren auf der Longlist.

Der Autor: Kind russisch-jüdischer Eltern, 1960 in Prag geboren, nach Westdeutschland emigriert. Man kennt Biller eher als Literaturkritiker in seinen Kolumnen und bei der jüngsten Neuauflage des literarischen Quartetts. Über seinen Roman Esra gab es eine Kontroverse, er wurde verboten, nachdem seine Ex-Partnerin ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sah. Auch er gewann schon einige Literaturpreise, sein großer Roman aus dem Jahr 2016, ein 900-Seiten Epos eines jüdisch-deutschen Familienepos, war nur wenig erfolgreich.

Der Inhalt: Wieder ein Familienroman, wieder im russisch-jüdischen Kontext aber wohl im Vergleich zu „Biografie“ etwas gezähmter. Ein Übersetzer holt seinen Onkel ab, nachdem er fünf Jahre wegen versuchter Republikflucht gesessen hat, die Tochter fragt ihn dazu aus. Gerüchteweise ist die Familie in den Tod des Großvaters verwickelt, in der Presse heißt es, der Roman sei ein ‚jüdischer Buddenbrooks‘, es spielt mal wieder im Ostblock.

Die Sprache: Biller schriebt klar und zügig erzählend – muss er auch, wenn er auf knapp 200 Seiten drei Generationen Familiengeschichte nacherzählen möchte. Die Erzählperspektive mäandert schon auf den ersten fünf Seiten zwischen allwissendem- und Ich-Erzähler, die Erzählung ist manchmal sehr überblicksartig, dann wieder sehr nah und dialogisch. Große Themen (Hat der Opa umgebracht?) und kleine Alltagsgegebenheiten (Ich kann dich nicht zur Schule bringen, weil ich meinen Bruder aus dem Gefängnis abholen muss), vermischen sich und machen das Buch für mich ziemlich interessant und dennoch flüssig lesbar.

Meine Einschätzung: Biller gehört zu einem der bekannteren Künstler der Liste. Diese haben ja häufig einen schweren Stand. Geschichten im oder über den Ostblock sind jedoch auch gerne mal sehr beliebt bei der Jury. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Roman den Buchpreis gewinnt, aber ein Kandidat für die Shortlist ist er vermutlich schon.

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