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Das Urteil – Franz Kafka

Cover von Das Urteil

 

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Georg Bendemann, Sohn eines Geschäftsmannes, versucht, die richtigen Worte für einen Brief an seinen Freund in Russland zu finden. Dieser ist vor einiger Zeit dahin ausgewandert und Georg will ihm nicht alles erzählen, um seine Entscheidung nicht in Frage zu stellen.

Bei der Frage, ob er ihm schrieben soll, dass er sich verlobt hat, bittet er seinen Vater um Rat. Dieser bittet ihn darum, ihm die Wahrheit zu erzählen und ihm die Frage zu beantworten, ob es den Freund wirklich gibt.

Georg lenkt ab und stellt fest, dass sein Vater total verkommt, kein Tageslicht mehr sieht und bessere Pflege benötigt. Daraufhin erstarkt der Vater, richtet sich auf und beschimpft Georg als einen unfähigen Sohn, der nur seinetwegen ein gutes Leben führen könne, sich nichts selbst erarbeitet habe und sich jetzt anmaße über den Vater zu richten.

Er verurteilt ihn anschließend zum Tod durch Ertrinken. Georg geht daraufhin sofort zur nächsten Brücke und stürzt sich in einen Fluss.

Ich mag diese Kurzgeschichte von Kafka recht gerne. Interessant sind die verschiedenen Positionen der Charaktere, die sich in gerademal 16 Seiten enorm verschieben.

Auch interessant ist eine biografische Deutung der Geschichte. Kafka hatte selbst enorme Probleme mit seinem Vater, der seine Erfolge stets geschmälert hat und ihn immer möglichst klein gehalten hat, er hat darüber einen langen Brief an ihn geschrieben, indem die Situation klar wird (und auch ersichtlich wird, wieso Kafka das Thema des Vater-Sohn Konfliktes so mag).

Verknüpft man diese biografische Deutung mit der Tatsache, dass Kafka als meisterhafter Schwimmer bekannt war, stellt sich unweigerlich die Frage, wieso Georg ausgerechnet durch das Ertrinken sterben soll? Für einen Schwimmer, wie Kafka es war, sollte es kaum mehr als ein sportliches Kunststück sein, in einen Fluss zu springen. Ist der Sprung in den Fluss gar kein Tod, sondern ein Weg in ein neues Leben? Hier kann man m.E. sehr viel spekulieren – was die Geschichte recht reizvoll macht.

Eine Frage, die sich auch zwangsläufig stellt, ist die Frage nach dem Freund. Existiert dieser? Kafka hatte einmal selbst gesagt, dass der Freund nur das Gemeinsame von Vater und Georg ist, ich denke, bei dem Freund handelt es sich um eine Gedankenprojektion von Georg, eine fiktive Person. Das würde auch erklären, warum der Vater den Freund zunächst nicht kennt, sich aber dann schnell auf ihn einstellen kann.

Wie gesagt, ich mag die Geschichte ganz gern, sie ist leicht verständlich und schön kurz. Trotz allem finde ich, es ging schönere Geschichten von Kafka, ich liebe seine Tierparabeln und hätte im Unterricht gerne über die Verwandlung oder den Bericht für eine Akademie gesprochen. Daher vergebe ich nur 4/5 Sternen.

Wer die Geschichte erwerben möchte, kann es eigentlich nur als Sammelband tun. Es gibt zum Beispiel eine schöne Ausgabe vom Fischer Verlag für 6,95€, ansonsten kann man auch bei Reclam o.Ä. die Augen offenhalten.

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