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Aus dem Leben eines Taugenichts – Joseph von Eichendorff

Nachdem ich ja von dem letzten Werk Eichendorffs nicht so wahnsinnig überzeugt war, schauen wir uns heute eines seiner Hauptwerke an – der Taugenichts ist ein viel rezipiertes und bekanntes Werk und gilt als eines der wichtigsten Werke der Spätromantik. Witzigerweise erschien das Werk zuerst in einem Band mit dem zuvor gelesenen Marmorbild im Jahr 1826 – ein schönes Beispiel für die Zweitverwertung von Geschichten, die bei den Romantikern häufig geschieht, das Marmorbild war ja schon einige Jahre zuvor veröffentlicht worden.

Der junge Taugenichts läuft eines Tages von zuhause weg, um auf Wanderschaft zu gehen. Er landet recht schnell an einem Schloss als Gärtner und steigt dann schnell zum Pförtner auf. Er pflanzt schöne Pflanzen in seinem Garten, spielt mit seiner Geige und nähert sich einer Dame bei Hofe. Doch als sie sie treffen soll, taucht sie in Begleitung eines anderen Mannes auf – was dazu führt, dass sich der Taugenichts weiter auf Wanderschaft begibt. Er trifft auf zwei Maler, die er zunächst für Banditen hält, denen er sich dann aber auf dem Weg nach Italien anschließt. Doch in einem Gasthaus sind die beiden auf einmal weg, lassen ihm einen Beutel mit Geld da und der bereits bestellte Postkarren, der genau weiß, wo er hin soll – und so gelangt er zu einem weiteren Schlösschen in Italien, wo man sich reizend um ihn kümmert. Er erhält eines Tages jedoch den Brief, dass er von seiner Geliebten vermisst wird – was ihn dazu bringt, erst in Rom nach ihr zu suchen, schließlich dann aber mit einer Gruppe Studenten nach Hause zu kommen. Dort klären sich dann einige Missverständnisse: Er wurde für eine verkleidete Dame gehalten, weil diese verfolgt wurde, seine Geliebte war niemals mit jemand anderem zusammen, ist aber auch keine Gräfin, sondern ein Waisenkind, das adoptiert wurde. Am Ende jedoch wird die doppelte Hochzeit gefeiert.

Mit gut 100 Seiten Umfang in meiner Ausgabe zählt diese Geschichte schon zu den längeren Erzählungen der Romantik – und es passiert auch jede Menge. Verzeiht mir, wenn ich die Geschichte oben etwas verkürzt wiedergegeben habe, aber es ist ziemlich dicht und bleibt auch lange sehr intransparent. Das wird durch den Ich-Erzähler bedingt, der Erzähler weiß damit natürlich nicht mehr als die Figur selbst und die weiß eigentlich gar nicht, wie ihr geschieht. Sie lässt sich vom Leben treiben und zieht durch die Lande und landet hier und dort, schläft manchmal vor den Haustüren oder in den Wäldern und macht alle Stadien der Wanderschaft durch. Man könnte darin jetzt natürlich einen Bildungsroman sehen, wenn denn ein Bildungsprozess ablaufen würde – aber eigentlich bildet er sich nicht wirklich weiter. Er wandert sehr viel und es hält ihn nie viel an einem Ort, er ist immer auf der Suche nach – was auch immer? Die Sehnsucht, ein typisch romantisches Motiv packt ihn immer wieder und auch am Ende will er sofort wieder mit seiner Gattin nach Rom ziehen.

Auch wenn diese Geschichte wesentlich weniger phantastisch ist und keine übersinnlichen Motive aufweist, fand ich sie deutlich zugänglicher und angenehmer zu lesen. Da wird von einem „märchenhaften“ Erzählstil gesprochen und tatsächlich lässt sich diese Novelle, so sie sich selbst bezeichnet – ich wäre da auch wieder etwas skeptisch – sehr leicht lesen, es ist ein lockerer, sorgenfreier Erzählstil und es ist wirklich sehr angenehm zu lesen. Im Gegensatz zum Marmorbild ist die Erzählung auch fröhlicher und lebensfroher. Ein gewisser Unterschied zu den anderen romantischen Erzählungen ist sicherlich zu spüren, viele romantische Motive bleiben hier völlig unangetastet, dafür werden andere Motive – gerade das Sehnsuchtsmotiv, das Wandermotiv und das Naturmotiv, das in der romantischen Lyrik eine große Rolle spielt – aufgegriffen, auch über Künstlerfiguren und Geniekult wird erzählt – da hatten wir bei Hoffmann noch einiges drüber stehen – insofern ist es ganz eindeutig eine romantische Erzählung, die sich aber auch durch die eingebetteten Gedichte und durch die Motivik an die Lyrik annähert.

Ich finde die Geschichte wirklich lesenswert und hatte viel Spaß mit diesem Werk von Eichendorff. Nach der letzten Geschichte hatte ich schon Angst davor, dass ich auch mit dem Taugenichts anfangen könnte, allerdings war das absolut nicht der Fall, ich hatte eine wunderschöne Geschichte vor mir. Dafür gebe ich gerne 4/5 Sternen – für eine lesenswerte romantische Erzählung der Spätromantik.

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