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Academia Obsura – Glen Wright

Ich bin ja – wie inzwischen jeder hier mitbekommen haben sollte – seit einiger Zeit am Studieren. Und weil ich auch an der Uni einige kleinere Jobs habe, bekommt ich auch ein bisschen was von der akademischen Welt jenseits des Seminarraums mit. Und ich kann kaum in Worte fassen, wie verrückt diese Welt manchmal ist. Glen Wright schon. Er selbst ist Doktorand an einer nichtuniversitären Forschungseinrichtung und durch den intensiven Austausch mit seinen Kollegen und seiner unstillbaren Neugier, die ihn zuverlässig vom Abschließen seiner Doktorarbeit hindert, hat er in diesem Buch einiges zusammengetragen, was man unter akademischem Humor subsumieren könnte.

Und genauso funktioniert das Buch. Es wird keine durchgängige Geschichte erzählt, sondern in den verschiedenen Kapiteln geht es um alles, was irgendwie witzig, kurios oder bizarr im akademischen Raum funktioniert. Das ist manchmal ein bsischen gesellschaftskritisch, gerade wenn es um die Kartelle der großen Verlage und deren seltsames Verwertungsmodell (staatlich finanzierte Forschung wird dort ohne weiteres Lektorat verlegt und staatliche finanzierte Bibliotheken müssen die Zugriffsrechte teuer erwerben; hieraus speist sich der Gewinn) kritisiert, oft aber auch einfach witzig – etwa wenn ein Wissenschaftler in einem Artikel, den er allein geschrieben hat, dauernd „wir haben untersucht“ schreibt und nicht etwa den Text umschreibt, sondern seine Katze als Co-Autor angibt. In diesem Streifzug durch die akademische Welt geht es um alles, was das akademische Leben ausmacht. Forschung, Lehre, Konferenzen, Publizieren, Schreiben, Recherchieren, Daten erheben und auswerten und eine Art Bonuskapitel beschäftigt sich mit der akademischen Karriere verschiedener Tiere.

Ich habe von Academia Obscura zunächat auf Twitter gelesen, fand die Tweets sehr amüsant und als dann das Buch erschienen war, bestellte ich es mir. Zugegeben, die Tweets sind etwas pointierter, aber für mich war das Lesen des Buches oft ein guter Comic Relief des Tages, gerade wenn es mal wieder besonders wild zuging. Es ist sicherlich kein perfektes Buch und hat auch seine Längen, manchmal wirkt es so, als wolle Wright noch eine Anekdote irgendwie hineinbringen, sodass die Struktur etwas leidet, aber betrachtet man das Buch als ein Lesebuch, bei dem man jederzeit irgendwohinblättern kann und mal wieder etwas Lustiges oder bizarres aus der Welt der Wissenschaft lesen kann, hat man viel Freude mit dem Buch.

Etwas unsicher bin ich mir über die Zielgruppe. Denjenigen, die in der Welt der Wissenschaft zuhause sind, können, sofern sie ein bisschen über sich selbst lachen können, sicherlich etwas anfangen, aber schon bei Studierenden bin ich mir nicht sicher, ob sie das Buch verstehen können, denn Wright bemüht sich gelegentlich um Erklärungen, setzt aber ein Grundverständnis vom Wissenschaftsapparat voraus. Der Universität Fremde werden vermutlich einige Schwierigkeiten haben, können vielleicht über einzelne Stellen lachen, aber bekommen weniger tiefe Einblicke. Vermutlich ist das auch der Grund, warum das Buch bei Unbound erschienen ist, einem Verlag, der seine Titel crowdunden lässt. Außerdem ist das Buch nur auf Englisch zu bekommen, eine deutsche Übersetzung ist nicht in Sicht.

Dennoch finde ich es absolut lesenswert. Ein super Geschenk für den Bekannten, der in der Wissenschaft arbeitet oder es mal getan hat und froh ist, es nicht mehr zu tun, vielleicht auch für alle studentischen Hilfskräfte oder Masterstudenten, die vom akademischen Alltag etwas mitbekommen. Ich vergebe auf jeden Fall 4/5 Sternen und hatte viel Freude beim Lesen.

 

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