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Why Nations Fail – Daron Acemoglu & James Robinson

k-WP_20150704_001Sehr geehrte Besucher von romanfresser.de,
wir unterbrechen das laufende Konzept für ein politikwissenschaftliches Sachbuch.

Nein, im Ernst. Eigentlich ist das ja hier der ROMANfresser und nicht der Sachbuchfresser (gibt es die Domain? Sollte ich mir mal registrieren!), aber da das ja in erster Linie mein Blog ist, will ich hier auch über das schreiben, was ich lese – und das ist eben heute ein Sachbuch (es folgt noch mindestens eines, sowie eine philosophische Schrift) – ein ziemlich spannendes Sachbuch.

Warum ist es eigentlich so, dass in den südlichen Staaten so ein Wohlstand herrscht und in Mexiko relativ gesehen Armut und Chaos vorherrschen? Warum sind die allermeisten afrikanischen Staaten bettelarm und wieso ist gerade Botswana das Land mit dem höchsten Human Developement Index im südlichen Afrika? Man sagt immer, es hänge ja mit der Kultur, mit den Ressourcen, mit der Gesellschaft zusammen. Die Autoren dieses Buches stellen jedoch eine radikal einfache Hypothese auf. Es liegt alles an den Institutionen. Extraktive, also ausschließende Institutionen sorgen dafür, dass sich kein Wohlstand entwickeln kann, Inklusive, also offene Institutionen bringen Wohlstand. Was ist damit gemeint?

Nun, wenn die Institutionen eines Landes so funktionieren, dass sie sich nur am Wohlstand weniger orientieren, wenn es keinen Wettbewerbszugang für normale Menschen gibt, wenn Innovationen unterdrückt werden, um damit die Machtposition nicht zu gefährden, dann ist Wirtschaftswachstum und Wohlstand nur bis zu einem sehr beschränken Maße möglich. Und auf politischer Seite gilt das gleiche. Mit etwas Pluralismus im Land und der Möglichkeit, diesen Pluralismus politisch zu artikulieren, ist Wohlstand und Zufriedenheit zu erreichen, ohne diesen funktioniert es nicht. Dabei ist es aber so, dass inklusive und extrative Institutionen dazu neigen, sich zu erhalten. Ist ein Land einmal extrativ, so ist es sehr schwierig, aus diesem Kreislauf herauszukommen. So erklärt sich beispielweise, warum der Irak nach dem Irakkrieg nicht einfach ‚demokratisiert‘ werden konnte. Es braucht, um dieser Situation zu entkommen meistens einen historischen Wendepunkt. In Afrika wurden diese Wendepunkte zu einem großen Teil nicht genutzt, weil der Teufelskreis nicht durchbrochen werden konnte, ins Botswana hat das hingegen ganz gut geklappt.

Dieses Konzept entfalten die Autoren auf über 400 Seiten. Was auf den ersten Blick ziemlich banal klingt, entfalten die Autoren in einer sehr umfassenden Form, indem sie sehr viele historische Beispiele bringen, viele aktuelle Entwicklungen damit erklären und sogar einen kleinen Blick ins die Zukunft – vorbehaltlich unvorhersehbare Wendepunkte (dazu mehr in Kürze hier!) – wagen die Autoren.

Das Buch ist im Generellen sehr geschichtslastig. Es wird sehr umfangreich ausgeführt, wie die Theorie zu verstehen ist und man kann sich prima bei dem Buch ein bisschen zurücklehnen und sich auf diese Gedankenexperiment einzulesen. Und wenn man sich am Anfang noch denkt ‚Hm, ist das nicht ein bisschen einfach?‘ merkt man recht schnell, dass diese Theorie tatsächlich sehr verführerisch ist. Es ist nur eine Theorie, kein ehernes Gesetz, aber sie erklärt wirklich einige interessante Phänomene und klingt für mich durchaus plausibel. Einige alte Theorien werden in dem Buch ziemlich radikal verworfen, die Autoren vertreten ihre Theorie schon ziemlich stark. Das ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass wir es hier eben mit einem politikwissenschaftlich angehauchten, populärwissenschaftlichen Buch zu tun haben, es ist eben kein wissenschaftlicher Text – trotz des umfangreichen Literaturverzeichnisses. Das macht es aber auch für politikwissenschaftliche Laien gut lesbar. Allerdings würde ich allen interessierten eher die deutsche Ausgabe empfehlen, ich las die englische Fassung und war dann doch sehr froh, dass ich mich mit politischem Fachvokabular im Englischen ganz anständig auskenne, wobei ich generell sagen musste, dass ich für das Buch relativ viel Zeit gemessen an der Seitenzahl gebraucht war.

Ich muss sagen, ich würde das Buch an Interessierte durchaus weiterempfehlen. Eine einfache und unglaublich plausibel klingende Theorie wird wunderschön entfaltet und man kann noch eine ganze Menge über die Geschichte der Länder mitnehmen – auch mal aus einer ganz anderen Sichtweise. Ich gebe daher 4,5/5 Sternen – sicher nicht jedermanns Geschmack, aber tendenziell ein sehr gutes und lesenswertes Buch!

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