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Wenn der Wind singt – Haruki Murakami

k-WP_20160115_008Wenn der Wind singt lautet der Titel des ersten Romans, den Murakami im Jahr 1979 schrieb. Erst im vergangenen Jahr erschien eine deutsche Übersetzung des Titels – in Verbindung mit Murakamis zweitem Roman. Das Buch gewann zu Erscheinungszeiten einen Literaturpreis für Nachwuchsschriftsteller und im Vorwort beschreibt Murakami, dass dieses Buch das Produkt seines Willens, ein Buch zu schreiben, gewesen ist.

Worum es geht? Das ist nicht so ganz einfach zu sagen. Ein junger Erzähler, scheinbar in den Zwanzigern trifft es häufig mit Ratte in der Bar um zu trinken und über Gott und die Welt zu plaudern. Eines Abends fährt er ein betrunkenes Mädchen heim und bleibt über Nacht, damit sie nicht stirbt – und sie glaubt, von ihm vergewaltigt zu werden. Er trifft sie wieder und einen Sommer lang treffen sie sich häufiger, auch Ratte ist an einem Mädchen dran, das er kennenlernen soll, doch an dem Termin trennen sich die beiden und er geht mit Ratte schwimmen. Am Ende des Sommers kehrt er zurück nach Tokio, um dort sein Studium fortzusetzen und trifft das Mädchen nie wieder.

Murakami scheint in den letzten Jahren einiges an Beliebtheit zugelegt haben, mir fiel das gar nicht so wirklich auf, aber irgendwie scheint es zeitlich mit meinem Leseprojekt hier auf dem Blog zu korrelieren, denn kaum war ich da durch, erschien auch gleich ein neues Buch von ihm und nun eben diese beiden alten Romane, die selbst zusammengenommen kaum 250 Seiten umfassen, dieser Roman umfasst gute 100 Seiten. Dass nicht so besonders viel passieren kann, liegt da auf den Hand, die Handlung selbst ist nicht wirklich komplex, aber der Schreibstil ist meines Erachtens etwas ganz Besonderes.

In einer Art Montagetechnik stellt Murakami vierzig Kapitel zusammen, die die Geschichte in einzelnen Szenen zusammenbauen. Dabei sind manche Kapitel kaum ein paar Zeilen lang, andere bestehen aus einem Liedtext, andere aus einer Binnenerzählung. Besonders ist auch die Sprache an sich, die sehr reduziert ist, in sehr wenigen Worten, aus winzigen Dialogzeilen ergeben sich manchmal komplexe Szenen wie von selbst, ohne dass viel erzählt werden muss. Murakami schreibt selbst im Vorwort, er habe diesen Stil damals erreicht, indem er in der für ihn fremden, englischen Sprache geschrieben habe und dies dann ins Japanische zurückübertragen habe. Dieser reduzierte Satzbau, die einfache und sehr klare Sprache wurde auch bei der deutschen Übersetzung so übernommen und so entsteht eine Geschichte, die sich sprachlich durch eine unfassbare Klarheit auszeichnet, die aber inhaltlich völlig rätselhaft bleibt.

Denn was die Handlung angeht, bin ich absolut ratlos. Der Protagonist trägt keinen Namen, studiert Biologie in Tokio und ist den Sommer über in seiner Heimatstadt. Ratte, der wohl in insgesamt drei Büchern auftaucht, ist auch eine rätselhafte Figur und was es mit dem Mädchen auf sich hat – ist vielleicht auch völlig egal, denn ich glaube, es geht nicht um den Plot. Es geht um das Gefühl des heißen Sommers, der Sinnsuche, der Reflexion des Selbst und dem Genuss von westlicher Musik, Essen und Trinken. Es geht um Beziehungen und Verlust – Themen, die sich beispielsweise auch im Herrn Tazaki finden oder auch in 1Q84 thematisiert wurden. Themen, die typisch für Murakami sind und die bereits in diesem frühen Stadium hervorstechen.

Ich weiß nicht genau, was ich hier an Sternen vergeben soll, es wird nicht mein Lieblingsbuch, aber wenn mich mal jemand nach einem modernen Roman fragen würde, der gut zugänglich und trotzdem etwas rätselhaft ist, würde ich dieses Buch vorbehaltlos empfehlen. Ich hatte eine gute Stunde Spaß mit diesem Roman und werde wohl auch noch weitere Bücher von Murakami lesen, sobald ich darüber stolpere. Und auch Pinball 1973, den zweiten Roman in diesem Buch, werde ich noch angehen. Bis dahin vergebe ich an dieser Stelle gerne mal 3,5/5 Sternen.

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