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Undine – Friedrich de la Motte Fouqué

k-2016-11-08-23-48-28Ich hatte ja vor ungefähr einem Jahr ein Blogprojekt zu einer Novellensammlung von E.T.A. Hoffmann, ‚Die Serapionsbrüder‘, geschrieben. Damals basierte das auf einem meiner Uniseminare – und auch in diesem Jahr habe ich die Chance, mich mal wieder mit Romantik zu beschäftigen und natürlich lasse ich euch wieder daran teilhaben. Deshalb wird es in den nächsten Monaten ein rundes Dutzend romantischer Erzählungen geben – und wir fangen heute mit der Undine an. Übrigens von einem Autor, der mit Hoffmann befreundet war – und als Hoffman einst eine Oper zur Undine komponierte, ließ er seinen Freund Fouqué seine eigene Novelle als Opernlibretto adaptieren.

Undine selbst ist allerdings eine Adaption eines alten Sagenstoffes, wie das ja bei der Romantik öfter mal so ist. Ein Fischer und seine Frau haben eine Ziehtochter wortwörtlich aus dem Wasser gefischt, nachdem ihr eigenes Kind vom Wasser verschlungen ward. Eines Tages kommt dann ein Ritter durch den Wald, auf dem Weg zurück, um seine Angebetete mit dem Abenteuer zu beeindrucken. Doch er verliebt sich in die kleine Undine und heiratet sie dann auch ganz spontan, als ein Priester vorbeikommt. Doch dann ziehen die beiden weiter und leben ihr ritterliches Leben – doch erst nachdem Undine enthüllt hat, dass diejenige, die den Ritter aufs Abenteuer geschickt hat, die Tochter der Fischer ist. Sie zieht mit den beiden und wird zu Nebenbuhlerin. Auf einer Bootsfahrt verliert der edle Ritter seine Undine, da er sie gegen ihre Warnung auf dem Boot ausschimpft. Und als er dann schließlich die Nebenbuhlerin heiratet, kann Undine nicht anders, als den Fluch des Wassers zu erfüllen.

Ihr merkt vielleicht schon – es geht um Meerjungfrauen! Man könnte sagen, dass vieles, was heute das Thema Meerjungfrauen verarbeitet, auf diese Sage und dann auch auf diese Novelle zurückgeht. Es ist die Auseinandersetzung mit den Elementen. Der Undine wird durch die Heirat eine Seele geschenkt, doch dann wieder genommen, als ihr Mann sie verstieß – und als er dann schließlich die andere Frau heiratet, wird sie von ihrem Dasein genötigt, einzugreifen. Es geht hierbei um gesellschaftliche Integration. Undine, die bis zur Heirat sehr exzentrisch und eigenwillig ist, schafft es nach der Heirat, sich gut in die Gesellschaft zu integrieren. Doch die Gesellschaft meint es nicht gut mit ihr und so wird sie durch ihre Normalität nun für den Ritter uninteressant und er verfällt der echten Fischerstochter – ihre Integration hat ihr also gar nichts gebracht.

Das spannenden an dieser Geschichte ist wie so oft in der Romantik die Erzählweise. Die Geschichte kommt ganz unschuldig als Märchen daher, beginnt fast schon klischeehaft mit einem „Es-war-einmal“ Einstieg, hat ganz unschuldig zugängliche Kapitelüberschriften – ist aber dennoch nicht so simpel, sondern enorm komplex erzählt – Leseransprachen inklusive. Und hinter der Kulisse des Volksmärchens steckt eine komplexe Erzählung, die auf die bürgerliche Gesellschaft verweist und man durchaus aus gesellschaftskritischer Perspektive deuten kann.

Doch was hält man davon? Es ist einfach toll zu lesen. Aus heutiger Perspektive wirken all diese Besonderheiten gar nicht mehr so besonders, wir kennen all diese Erzählkniffe heute sehr gut, aber das war eben damals gar nicht der Fall. Warum sollte man die Geschichte dann heute noch lesen? Es ist eine schöne Geschichte. Man sieht mal eine frühere Form des Sirenenmythos und vor allem hat man einfach Spaß daran, die Geschichte zu lesen. Sie ist recht gut zugänglich und verständlich, die Geschichte wird spannend und äußerst kunstvoll erzählt und es gibt so viele spannende Sachen zu entdecken und nachzugrübeln. Überall passieren seltsame Sachen, alles ist rätselhaft und geradezu phantastisch. Und wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Geschichte über 200 Jahre alt ist und so ziemlich jeder, der nach dieser Geschichte etwas phantastisches geschrieben hat, diese Geschichte gelesen hat – sie war zu ihrer Zeit enorm populär – ist die Geschichte ein interessantes Zeugnis ihrer Zeit. Sicherlich kein absolutes Muss, das in jedem Kanon auftaucht, aber wer Interesse an romantischer Erzählung hat, kommt wohl um diese Geschichte nicht herum. Daher gebe ich gerne 4,5/5 Sternen für eine kleine aber hübsche Erzählung, die immerhin 19 Kapitel mit gut 100 Seiten umfasst.

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