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The Phantom of the Opera – Gaston Leroux

WP_20141112_23_11_59_ProUnter dem oben genannten Titel stellt denke ich als allererstes an das Musical von Andrew Llyod Webber, das kürzlich sein 25-jähriges Jubiläum feierte. Ich wusste zwar, dass es auf einem Roman basiert, hatte diesen aber nie gelesen. Kürzlich entdeckte ich den Roman für ein paar Euro unter den englischen Klassikern (obwohl es im Original französischsprachig ist!) und nahm ihn spontan mit.

Die Geschichte ist im Groben denke ich relativ bekannt, ich möchte dennoch kurz darauf eingehen. Christine, ein junges Mädchen aus einer Musikerfamilie wird am Totenbett ihres Vaters ein die Erscheinung eines Engels der Musik angekündigt. Und tatsächlich begegnet ihr in der Oper eine seltsame Stimme, die ihr Gesangsunterricht gibt. In dieser Oper treibt auch ein Operngeist sein Unwesen, von den neuen Managern der Oper zunächst noch belächelt, aber spätestens als in einer Vorstellung der große Leuchter der Oper herunterfällt, nachdem per Brief „ein Unglück“ angekündigt wurde, bricht die Idee vom Scherz.

Christine verliebt sich in ihren alten Jugendfreund, einen Bruder eines Grafen, aber der Engel der Musik fordert von ihr, dass sie ledig bleibt. So kommt es zu einem Interessenskonflikt, an dessen Ende eine ziemlich schaurige Episode im Keller der Oper steht.

Ich muss sagen, ich war zunächst ziemlich überrascht, weil ich das Musical im Hinterkopf hatte – das Buch ist allerdings natürlich deutlich anders. Auch wenn die Ereignisse die gleichen sind, ist gerade Erik – das Phantom – im Musical doch extrem romantisiert worden und ist im Buch eine ziemlich düstere Figur, für die man eigentlich erst ganz am Ende ein bisschen Empathie übrig hat. Ansonsten muss ich sagen, finde ich den Roman als Schauerroman durchaus sehr gelungen – natürlich wurde mir dadurch, dass ich das Musical kannte, einiges an Spannung genommen, aber dennoch sind gerade die Endsequenzen sehr atmosphärisch und düster gestaltet.

Ein großes Lob geht noch an die Gestaltung der Erzählsitation. Ein fiktiver Erzähler, offenbar eine Art Journalist gibt die Geschichte wieder und nutzt dabei vielseitige Originalquellen, zitiert aus den Memoiren der Beteiligten, druckt Briefe ab und lässt am Ende sogar über 40 Seiten die Beteiligten direkt zu Wort kommen. Im Nachwort erzählt er, wie er zu diesen Rechercheergebnissen kam – es wird also durchaus versucht, die Situation eines Tatsachenberichtes nachzustellen und die Geschichte wirkt auch in sich immer plausibel und kohärent – mal von einigen seltsamen Fähigkeiten des Phantoms abgesehen, könnte die Geschichte durchaus mal so passiert sein und wirkt nicht wirklich fiktiv. Das gefällt mir sehr gut.

Generell gefällt mir auch die räumliche Gestaltung, also der Handlungsort, sehr gut. Ich finde so alte Theatergebäude ja total faszinierend, gerade so das, was hinter den Kulissen, in den Werkstätten und den Kellern so alles an Gängen und Räumen existiert. Und was liegt näher, als dort einen Geist herumspuken zu lassen.

Kleinere Abzüge gibt es vielleicht für die mitunter deutlichen Sprünge. Ich finde, man hätte einige Ereignisse noch deutlicher ausführen können, noch ein bisschen mehr über den Geist im Opernalltag schreiben können und generell etwas mehr ausführen können. Aber ich kann das schon nachvollziehen, dass da bewusst einiges bis zum Ende im Dunkeln gelassen werden sollte.

Insofern kann ich zum Phantom der Oper nur sagen, dass Gaston Leroux nicht ohne Grund bis heute noch immer wieder adaptiert wird, denn das Phantom der Oper ist bis zum Ende ein idealer Vertreter der Gattung Schauerroman – und wer damit was anfangen kann, sollte sich diesen recht kurzen Roman mal zu Gemüte führen. Vielleicht vorher das Musical gucken, dann ist es auch etwas für schwache Gemüter, weil man weiß, wie es ausgeht. In diesem Sinne gebe ich also gerne 4,5/5 Sternen für einen tollen Roman mit faszinierendem Phantom und tollem Schauplatz.

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