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Streifzüge durch das Abendland – Bill Bryson

Es ist einige Zeit her, seit ich das letzte Buch von Bill Bryson gelesen habe. Zwar habe ich in der Zwischenzeit das ein- oder andere Buch von ihm erneut gelesen – er ist und bleibt einfach einer meiner Lieblingsautoren, wenn ich Lust auf etwas komisch-unterhaltendes habe. Das letzte Buch von ihm las ich Ende 2013 – das sind jetzt fast drei Jahre her. So nahm ich Anfang des Jahres für nicht einmal einen Euro dieses Buch gebraucht bei Rebuy mit. Es war eines der wenigen Bücher, die mir noch von ihm fehlten, insgesamt habe ich jetzt neun Bücher dieses Autors gelesen, was ich schon für eine ganze Menge halte. Und dieses Mal geht es um Europa – also quasi meinen Heimatkontinent.

Bryson war in den Siebzigern schon mal mit seinem Freund Katz in Europa (siehe Picknick mit Bären) und will jetzt, gerade dass der eiserne Vorhang gefallen ist, noch eine große Tour durch Europa machen, das Nordlicht sehen und den Kontinent erkunden. Und so fängt er auch im verlassenen Norwegen in einem kleinen Ort, in dem es nichts zu entdecken gibt an und wartet geschlagene zwei Wochen auf das Nordlicht – und wie froh er ist, dann endlich den Rest Europas zu entdecken. Bryson schreibt über Reisen durch Europa, durch das wahnsinnig teure, aber wunderschöne Schweden, durch Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, die Niederlande und schließlich noch über Bulgarien und die Türkei. Und überall passiert etwas – und wenn es nur darum geht, wie unmöglich es ist, sich abends um 22 Uhr noch mit irgendetwas Essbarem zu versorgen und zwei Dutzend Erdnüsse aus der Minibar für fünf Dollar am Ende doch eine gute Alternative sind.

Bryson versteht es wunderbar, die Reisetipps und die eigenen Anekdoten zu mischen. Niemand will dreihundert Seiten über Brysons Missgeschicke lesen – gut, doch, ich würde es wollen – aber sie lockern den Reisebericht gut auf, man ist quasi auf jeder Seite irgendwie am Schmunzeln oder sogar dabei, laut aufzulachen. Meine Zugfahrt war jedenfalls sehr amüsant dadurch. Dabei geht es natürlich auch zahlreich um die Sehenswürdigkeiten, um die besten Wege, sich Kaffee zu beschaffen und welche Museen sich wie sehr lohnen und warum welche Stadt zu empfehlen ist. Dabei gibt es jede Menge Höhepunkte, wundervolle Erlebnisse und zu Brysons Unglück aber unserem Amüsement viele Tiefpunkte, viele Sachen, die leider gar nicht gut liefen.

Nur einmal schlägt Bryson wirklich kritische Töne an, als er die Ernährungskrise und die Devisenprobleme in Sofia beschreibt, wo es wirklich nichts für das Geld, das reichlich vorhanden ist, zu kaufen gibt. Hier wird das Buch dann doch sehr nachdenklich und stellt die Frage, wieso der Sozialismus denn untergehen musste und warum er nicht funktionieren kann. Hiervon hätte ich mir gerne noch mehr gewünscht.

Generell hätte ich es hübsch gefunden, wenn Bryson noch etwas mehr auf solche Ziele gesetzt hätte. Nach 1990 gab es in Europa wahnsinnig viel Neues zu entdecken, darüber hätte es wahnsinnig viel zu schreiben und zu erleben gegolten und dennoch bleibt Bryson zu 90% des Buches in Westeuropa, schreibt über die Benelux-Staaten, den deutschsprachigen Raum – dem deutschen Leser bleibt die feine Ironie bei der Behandlung Deutschlands nicht erspart – und bleibt dabei auch häufig bei den populären Reisezielen und verlässt nur ein einigen Kapiteln mal die großen Reiserouten, was ich etwas schade finde, denn es hätte bestimmt noch etwas mehr zu entdecken gegeben.

Aber dennoch hat mich das Buch ausgesprochen gut unterhalten. Ich hatte viel Spaß und ich war wirklich traurig, als nach gut 300 Seiten auch schon Schluss mit der langen Reise war. Es war wirklich schön, Bryson zu folgen, es war unterhaltsam, anekdotenreich und spannend wie eh und je. Eben ein typischer Bryson, wenn mir auch die für ihn typischen außergewöhnlichen Reiseziele etwas fehlen. Ich gebe dafür gut und gerne mal 3,5/5 Sternen. Mehr spannendere Reiseziele hätte ich mir gewünscht – und dass das heutzutage, 25 Jahre später, alles andere als zeitgemäß ist, ist sicherlich auch keine Neuigkeit – aber es ist wahnsinnig unterhaltsam und macht jede Menge Spaß zu lesen.

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