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Serapionsbrüder #22: Der Baron von B

k-WP_20151112_003Unmittelbar im Anschluss an die Geschichte zum Glücksspiel kommt von Cyprian und es ist eine kleine Erzählung, die er in der Ich-Perspektive erzählt, um etwas mehr Spannung zu erzeugen. Der Ich-Erzähler ist der junge Violinist Carl.

Der Baron von B ist ein ziemlich verschrobener Musiker, der einige uralte Bögen und Geigen besitzt. Carls Geigenlehrer lädt ihn ein, bei einem Wohnzimmerkonzert beizuwohnen und dem Baron Carl als Schüler zu empfehlen. Carl will das auch gerne annehmen und bei einem Vorspiel beweist er, dass er fähig ist, Schüler des Barons zu werden.

Doch schnell stellt sich heraus, dass der Baron irgendwie ziemlich komisch drauf ist. Der Unterricht ist ziemlich absurd und es geht um völlig absurde Techniken, die die abscheulichsten Töne hervorbringen, behauptet der Baron aber, es sei gerade die Vortrefflichste Technik von allen und er selbst sei der einzige, der so wahrhaft meisterlich spielen könne. Er erhält aber bizarrerweise am Ende der Stunde einen Dukaten als Bezahlung vom Baron. Mit seinem Lehrer gesprochen stellt sich heraus, dass auch dieser sich durch den Unterricht beim Baron ein Zubrot verdiene, sein Unterricht aber nicht ernstgenommen werden könne. Bei einem Konzert Carls behauptet der Baron darauf, dass der Junge das dem großen Baron von B zu verdanken habe.

Es geht mal wieder ein bisschen um Musiktheorie, Baron von B sieht sich als Schüler Tartinis, eines virtuosen Violinisten aus dem 18. Jahrhundert und glaubt, er sei der einzige, der in seiner Manier spielen könnte mit diesem besonderen Bogen und den besonderen Tönen. Er hat ein scheinbar sehr eigentümliches Kunstverständnis, die Strativari-Geige lehnt er ab, stattdessen muss es eine ganz andere sein und auch sein Spiel selbst ist unter jeglicher Diskussion. Sein Kunstverständnis scheint also ziemlich unkonventionell zu sein – freundlich ausgedrückt. Andererseits freut er sich für einen Schützling, der ja ein gutes Konzert gespielt hat und sagt, das sei ihm zu verdanken, er scheint also schon irgendwie zu wissen, dass das ein gutes Spiel ist, was sein Schützling vollbringt. Dieser Kunstbegriff scheint also zumindest widersprüchlich zu sein, vielleicht ist es auch nur ein Fall von gnadenloser Selbstüberschätzung.

Man sagt der Geschichte nach, sie basiere auf Anekdoten eines Grafen oder Barons, der gut über Musik reden, aber furchtbar im Musizieren sei, Segebrecht spricht davon, dass Hoffmann sich von einem Artikel in einer Zeitung habe inspirieren lassen. Insgesamt wird diese Geschichte relativ dünn nur rezipiert. Was ich besonders spannend finde, ist, dass der Baron scheinbar Künstler finanziell fördert, um sich damit selbst bestätigt zu sehen. Eine interessante Form der Unterrichtsvergütung. Er kann es sich offensichtlich gut leisten. Vielleicht könnte man auch hier wieder von dem Motiv des Wahnsinns beim Baron sprechen, denn er scheint ja wirklich an einer Realitätsverzerrung zu leiden.

Ich fand diese Geschichte ziemlich amüsant. Zwar hat sie mir nicht so wahnsinnig viel gegeben und es war auch nur eine kleine und kurze Erzählung, aber sie hat mich durchaus erheitert, der Baron ist eine faszinierende Figur. Wenn ihr ohnehin dabei seid, euch an Hoffmann abzuarbeiten, ist die Geschichte bestimmt einen Blick wert, aber ein wirklicher Höhepunkt im Hoffmannschen Gesamtwerk ist es vermutlich nicht. Dennoch, lesenswert. Wie fast alles in dieser Sammlung.

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