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Serapionsbrüder #19: Der unheimliche Gast

k-WP_20151112_003Die letzte Geschichte des fünften serapiontischen Abends ist erneut eine Gruselgeschichte – und was für eine. Ottmar erzählt diese Geschichte im zunächst kleinen Kreis.

Bei einer vornehmen Majorsfamilie sitzt man des Abends zum Punsch zusammen und erzählt sich verschiedene Spukgeschichten, als auf einmal die Tür aufgeht und ein dunkler Mann hereinkommt. Er stellt sich zunächst nicht vor, aber es kommt heraus, dass der Gast ein Graf, der mit dem Major befreundet ist, zu sein scheint und er vor hat die ältere Tochter zu heiraten, die sich jedoch in einen hochrangigen Soldaten, ihren Moritz verliebt hat.

Als Moritz im Krieg umzukommen scheint, stimmt sie der Heirat dann doch zu. Doch am Tag der Hochzeit passiert das ungeheuerliche: Moritz kehrt – geheilt von seinen Kriegswunden zurück, gleichzeitig stirbt der unheimliche Graf. Tags darauf findet man einen Brief, den die jüngste Tochter bei sich trug, aus dem hervorgeht, dass der Graf den Geist der älteren Tochter zu seinen Gunsten manipuliert hat und die jüngste Tochter mit im Bunde war – und sie jetzt fliehen muss, da das Vorhaben fehlzuschlagen droht.

Eine witzige Begebenheit ereignet sich während des Erzählens. Gerade als Ottmar vorlas, dass eine unheimliche Gestalt durch die Tür kommt, öffnet sich in der Runde die Tür und – Theodor wurde schon bleich – Cyprian tritt ein und schließt sich der illustren Runde an.

Cyprian ist auch derjenige, der diese Geschichte verteidigt und davon erzählt, dass die Geschichte sich wohl aus Briefwechseln von ihm und Ottmar entsprungen sei, da er ihm ähnliche Situationen schilderte. Ottmar sieht schon kurz nach dem Ende der Geschichte, dass diese Geschichte wohl nicht das Gelbe vom Ei ist, bei Wikipedia findet sich die tolle Formulierung, dass Hoffmann ‚den Verriss seiner Geschichte gleich mitliefer{e}’, die Geschichte wird also im Kreise der Serapionsbrüder nicht gerade positiv rezipiert. Die esoterischen Anklänge, all das Übersinnliche und der nicht wahrlich serapiontischen Ursprung geben Anlass zum Anstoß.

Mir hat die Geschichte allerdings unglaublich gut gefallen. Ich habe mich wirklich gefragt, was es mit dem Graf auf sich hat und quasi auf die Lösung des Rätsels hingefiebert, war gespannt, wie das Ende wohl gestaltet sein möge und wurde dann am Ende absolut nicht enttäuscht und hätte mit dieser Wendung absolut nicht gerechnet. Im kleinen bringt Hoffmann hier ganz viel Spannung und abenteuerliche Wendungen der Geschichte, die auch einen modernen Phantastik-Roman durchaus zieren könnten. Witzigerweise gefallen mir meistens diese Geschichte ganz gut, die Hoffmann selbst von seinem Kreis als misslungen rezipieren lässt. Ob das Zufall ist?

Das positive Ende hat mich überrascht, das war ich von Hoffmann so in der Form nicht gewöhnt, ich hätte eher damit gerechnet, dass die Charaktere mal wieder scheitern oder dass vielleicht am Ende sogar alle sterben, aber tatsächlich geht alles gut aus und die beiden Liebenden kommen zusammen. Auch wenn das Thema Ehen gegen den Willen der Vermählten inzwischen nach 19 Geschichten etwas überstrapaziert wird, wird es mir mit Hoffmann an sich noch lange nicht langweilig, denn ich finde immer wieder neue spannende Geschichten – wie auch diese, die ich absolut empfehlen kann. Und gerade der Gag mit dem ankommenden Cyprian war zwar einfach gestrickt, aber absolut gut gesetzt.

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