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Serapionsbrüder #17: Nachricht aus dem Leben eines bekannten Mannes

k-WP_20151112_003Nach zwei längeren Geschichten in den vergangenen Wochen ist die heutige Geschichte wieder ziemlich kurz und in ein paar Seiten abgehandelt – netterweise ist sie dabei von längeren Gesprächspassagen umgeben, aus denen wir unter anderem davon erfahren, dass Sylvester und Vinzenz den Zirkel aus persönlichen Umständen verlassen haben, dass Theodor lange Zeit erkrankte, aber sich nun endlich Lothar, Ottmar und Theodor wieder zusammentrafen. Lothar erzählt dann von einem kleinen Manuskript, weil er auch mal eine ganz und gar unwahrscheinliche Geschichte erzählen wollte:

Ein Mann in Berlin ist recht bekannt. Er hat ein Hinkebein, aber kann enorm gut springen und wenn ihm jemand beim Gehen hilft, springt er mit diesem recht froh durch Berlin. Er ist äußerst wohltätig, schaut bei Beerdigungen und Geburten vorbei und ist überdies hinaus eine beliebte Frohnatur, soll sogar zu Hofe gerufen werden, was er mit einem Hinweis auf sein gutes Stadtleben ablehnt. Eine Frau, die er häufiger besucht hat und als Hebamme arbeitet, wird dann der Hexerei bezichtigt, doch gibt dann zu, dass sie schon lange mit dem Satan im Bunde sei und wird in dessen Folge verbrannt. Doch beim Feuer taucht dann an der Stelle des bekannten Mannes eine Fledermaus auf und trägt die nach ihrem Verbündeten schreiende Frau hinfort, der Scheiterhaufen erlischt.

Von den beiden anderen wird diese Geschichte fast schon als Karikatur begriffen, allerdings wird eingräumt, dass die Spannung der Geschichte absolut verstörend und beängstigend. Zuerst erschien diese Geschichte in einem Unterhaltungsblatt – und es ist mal wieder eine der Geschichten, die von der Rezeption quasi übersehen werden. Auch der Kommentar meiner Ausgabe umfasst nur ein paar Seiten, dort wird von einer schwachen Rezeption berichtet, entweder sei die Geschichte übersehen worden, im besten Fall werde sie neutral bewertet, manchmal aber auch schlicht als ‚wenig schön‘ bezeichnet.

Lothar distanziert sich in der Folge ziemlich heftig von seinem Text, er will sich darauf gar nicht einlassen, sowas geschrieben zu haben, er will damit gar nichts zu tun haben. Auch die wissenschaftliche Rezeption scheint ziemlich ratlos mit dieser Geschichte umzugehen, als missratenes Werk wird sie bezeichnet. Ich finde allerdings die Darstellung des Teufels schon recht interessant, er ist bekannt und beliebt und niemand scheint auch nur daran zu denken, dass er der leibhaftige Satan ist – vielleicht könnte man sich die Teufelsdarstellungen bei Hoffman generell mal anschauen, vielleicht kann man in der vermeintlichen Hexe auch mal einen Wahnsinn unterstellen, aber insgesamt ist diese Geschichte wohl ziemlich wenig ergiebig – auch wenn ich beim Lesen durchaus Spaß hatte und ich die phantastischen Motive der Fledermausgestalt der Teufelserscheinung in Verbindung mit der Hexenverbrennung durchaus recht reizvoll finde. Aber dennoch ist es wohl eine Geschichte, die man getrost überblättern kann, auch wenn die Dialoge darum herum durchaus einiges hergeben. Also sollte man die zehn Seiten wirklich überspringen?

Fun-Fact: es gibt einen mamorierten Pappband, der zur Hauptversammlung der ‚Meister der Einbandkunst‘ im Jahr 1925 in einer Auflage von 250 Exemplaren als Ehrengabe gedruckt wurde und nur diese Geschichte auf 15 Seiten enthält. Wer 90€ übrig hat, kann sich diesen Band sogar antiquarisch erwerben. Nur warum sollte man das tun?

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