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Serapionsbrüder #01: Der Einsiedler Serapion

k-WP_20151112_003Man möge doch bitte die Serapionsbrüder nicht mit Tiecks Phantasus vergleichen, obwohl diese Assoziation durchaus beabsichtigt sei – so informiert uns der Herausgeber des Werkes zu Beginn.

In einem kleinen Kreis trifft man sich als Dichterzirkel zu abendlichen Gesprächen und will einander die eigenen Geschichten vortragen. Zunächst noch von der Angst getragen, als wöchentlicher Literaturklub zum Philistertum zu neigen, beginnt zunächst Cyprian seine erste Begebenheit zu erzählen, jene vom Einsiedler Serapion:

Cyprian hört vom Schicksal des Grafen P. Dieser ist in die Psychatrie eingewiesen worden, von dort entflohen und lebt nun mit seiner Krankheit als Einsiedler im Walde. Er hält sich für den Heiligen Serapion und wie Cyprian berichtet, erzählt er in dieser Rolle wundervolle Novellen. Dennoch möchte Cyprian den Grafen, der ja seine Bestimmung bei Hofe antreten soll, heilen. Dass das allerdings eine unsinnige Mission ist, erklärt ihm der Einsiedler. Denn wenn er gar nicht der Graf P. wäre, wäre es wahnsinnig, ihm das einreden zu wollen – wenn er allerdings wahnsinnig sei, wie könne Cyprian dann dem Wahnsinnigen etwas einreden wollen? Als Cyprian einige Zeit später wiederkehrt, ist der Einsiedler allerdings verstorben.

Die Geschichte ist kaum 15 Seiten stark und zeigt dennoch schon einen ganz wichtigen Aspekt, der uns immer wieder begegnen wird: Das Schöpfen aus dem Inneren. Serapion – der ja auch der Namensgeber dieses Literaturklubs ist – schöpft seine wundervollen Novellen aus sich heraus, fernab von Wahrheiten und Realitäten, aber dennoch nicht losgelöst von der realen Welt. Wobei das bei Serapion etwas schwierig ist, seine Wahrnehmung von ‚realer Welt‘ ist nämlich stark verzerrt, er hält sich ja wirklich für den Bischof – in seiner Welt jedoch ist alles konsistent.

So zum Einstieg in ein ziemlich monumentales Werk wirkt diese Geschichte geradezu winzig, banal, fast ein bisschen trivial, aber es steckt schon einiges drinne. Im folgenden Gespräch kommt Serapion aber zunächst nicht gut weg, gar für eine Narrheit wird diese Geschichte gehalten. Aber um es schon mal vorwegzunehmen: Es hat schon seine Gründe, warum wir von den Serpionsbrüdern sprechen. Insgesamt ist das aber eine sehr schöne erste Geschichte; Serapions psychische Krankheit scheint sein Künstlertum nicht zu stören, geradezu scheint es ihn ja zu beflügeln.

E.T.A. Hoffmann gilt als Urvater der Phantastik. Auch wenn diese Geschichte noch nicht direkt mit übersinnlichen Phänomenen arbeitet, ist mit dem Wahnsinn schon ein wichtiges Motiv eingeführt, das uns immer wieder begegnen wird. Insgesamt eine runde Sache, eine schöne erste Geschichte. In den nächsten Monaten werden wir dem Wahnsinn immer mal wieder begegnen – und ich freue mich drauf.

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