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Prinz Friedrich von Homburg – Heinrich von Kleist

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Aktuell läuft im Staatstheater Darmstadt eine Inszenierung von diesem Stück, in dem Samuel Koch die Hauptrolle spielt. Obwohl mich das Stück nicht so sehr vom Hocker gehauen hat, wie einige andere in der laufenden Spielzeit, fühlte ich mich doch mal dazu veranlasst, die Literaturgrundlage zu lesen – die ich praktischerweise auch schon zuhause hatte. Also verbrachte ich einen schönen sonnigen Vormittag mit diesem Stück

Es ist ein Spätwerk von Kleist. Weil man dem Prinz von Homburg, der schlafwandelt, einen Streich gespielt hatte und ihm –wenn auch unabsichtlich – einen Handschuh einer Frau untergejubelt hat, ist er bei der Strategiebesprechung am nächsten Morgen sehr unaufmerksam und setzt sich dann in der Schlacht über seine Berater hinweg. Dafür möchte der Kurfürst den jungen Prinzen erschießen lassen – wegen Befehlsverweigerung. Erst, als sich sein ganzes Heer für ihn einsetzt, die Kürfüstin ein gutes Wort einlegt und der Prinz in Todesfurcht in seiner Zelle liegt, lässt sich der Kurfürst erweichen. Und ist dann noch erstaunt, dass der Prinz sich inzwischen mit seinem Schicksal abgefunden hat. Doch der Rückhalt seines Heeres verhindert sein Urteil dann dennoch.

Auch dieses Stück orientiert sich in seinem strukturellen Aufbau an die geschlossene Dramenform – und wie ich nicht müde werde, auszuführen, ist das nicht unbedingt meine Lieblingsform. Allerdings muss ich sagen, dass mich Kleist hier zumindest ansatzweise eines Besseren belehren konnte. Denn es ist einfach die Geschichte, die mich am Ball halten konnte. Der Prinz, der erst quasi ehrlos um das Leben fürchtet, beim ersten Angebot des Kurfürsten dann nachdenkt und bereit ist, sich dem Kriegsrecht zu unterwerfen, schließlich aber dennoch freigesprochen wird – einfach eine sehr coole Geschichte und bemerkenswert einfach zu lesen. Viele dieser sogenannten klassischen Dramen zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie durch ihren sprachlichen Bombast ziemlich anstrengend zu lesen sind und dass die Geschichte selbst dann hinter diesem Ideal verschwindet.

Das ist hier bei Kleist definitiv nicht der Fall. Es wird auch nicht ein antiker Mythos umgedichtet und nacherzählt, sondern eine Geschichte mit gewissem Zeitgeist erdacht und künstlerisch hochpräzise und stark inszeniert – wirkt dabei aber nie überladen, sondern gut zugänglich und dennoch sehr ansprechend. Ich denke, mir ist jetzt klar, warum dieser Text mitunter in Deutsch-Grundkursen der Oberstufe gelesen wird (was wahrscheinlich auch zum Erfolg der Darmstädter Inszenierung beiträgt – ich sah jedenfalls einige Schüler in der Vorstellung, die ich besuchte), einfach weil er so gut zugänglich ist und man dennoch die zu vermittelnden Inhalte gut besprechen kann.

Spannend finde ich, dass das Stück damals sehr kontrovers aufgenommen, oft nur gekürzt gezeigt und erst nach Kleists Tod zur Uraufführung gebracht war. Das mag daran liegen, dass der Adel in diesem Stück nicht unbedingt von seiner schönsten Seite gezeigt wird. Ein unaufmerksamer, schlafwandelnder Prinz, der dann auch noch um Gefängnis all seine Ehre und das, was ihn sonst noch so als adligen auszeichnen sollte, aufgibt, einfach nur um zu überleben? Undenkbar auf der Bühne! Am Ende kommt es dennoch zu einer Form von Katharsis, dem Prinzen wird seine Schuld vergeben, denn sein Heer steht geschlossen hinter ihm. Er, der schon zuvor innerlich geläutert und seine Schuld akzeptiert hatte, wird diese nun auch noch erlassen und er wird vermählt. Wunderschön. Fast schon kitschig – wobei Kleist auf den überladenen Kitsch verzichtet und den Prinzen zum Schluss eher ungläubig und überfordert wirken lässt. Eine sehr schöne Vermenschlichung, dieses ohnehin schon untypischen und vielleicht gerade dennoch so beliebten Adligen.

Ich mochte das Drama sehr und vergebe daher, auch wenn es eigentlich nicht mein ‚Genre‘ ist, gerne mal 4/5 Sternen. Kann man sich sicherlich mal antuen – und für alle leidgeplagten Schülerseelen, die mir Google jetzt geschickt hat: Es ist ein echt einfaches Drama. Gebt euch einen Ruck und lest es – und nicht nur meine Zusammenfassung.

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