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Pinball 1973 – Haruki Murakami

k-WP_20160115_008Vor kurzem haben wir uns zusammen schon Murakamis Debütroman angesehen, den er 2015 erstmals übersetzen ließ. Er erscheint zusammen mit Murakamis zweitem Roman, Pinball 1973 in einem Band – und so liegt es nahe, wenn wir uns heute auch den zweiten Roman anschauen, der nicht nur thematisch passt, sondern sich auch in Bezug auf die Protagonisten mit dem ersten Band überschneidet.

Unser Protagonist ist Übersetzer in einem eigenen Übersetzungsbüro. Dort arbeitet er recht zufrieden, zuhause hat er zwei Zwillinge. Woher auch immer sie kommen, weiß er nicht, sie wohnen bei ihm und kochen guten Kaffee. Doch eine Episode, die er erlebt, verfolgt ihn unablässig. Es ist wie bei Ratte, der einst in Jays Bar eine ganz besondere Pinball-Maschine spielte und seitdem ruhelos durch die Welt läuft und nun seine Heimatstadt verlassen will, dass unser Protagonist an ebendieser Maschine monatelang spielte und dort auch ziemlich erfolgreich war. Dann wurde die Maschine abgeschafft und ihn überkam eine Leere, eine Unzufriedenheit, er vermisst das Geräusch, das Spielen. Mit einem Pinball-Fan macht er sich auf die Suche nach dieser Maschine, die in Japan wohl gerade mal dreimal existiert, die sie dann auch finden. Er unterhält sich dann mit dieser Maschine, die bei einem Sammler in einer Lagerhalle steht, rührt sie aber nicht nochmal an. Er fährt zurück nach Hause und fühlt sich besser. Kurz darauf verschwinden die Zwillinge völlig ohne Grund von ihm zuhause und er ist wieder allein.

Ich finde, ich habe in der letzten Rezension schon eine Menge zu Murakamis Stil erzählt. Ich bin mir nicht sicher, ob der Protagonist des ersten Bandes auch der Protagonist in diesem Band ist, eigentlich gibt es keine Hinweise, aber Nebenfigur Ratte taucht in beiden Geschichten auf und auch die Bar, in der der Protagonist des ersten Romans häufiger mit Ratte war, gibt es wieder, aber der jetzige Protagonist scheint Ratte nicht zu kennen, die Geschichten laufen hier unabhängig voneinander.

Die Zwillinge sind vielleicht das Rätselhafteste. Zwei Gestalten, die keine eigenen Charaktere haben, umsorgen den Protagonisten, sind einfach irgendwann da und hauen irgendwann wieder ab. Sie kochen guten Kaffee, scheinbar schlafen sie mit dem Protagonisten, sind irgendwie aber nicht zu fassen, gestaltlos, wesenslos, er kann sie nie auseinanderhalten und es sind auch nur ‚die Zwillinge‘. Erneut wird der Protagonist mit Namen nicht genannt, erneut erleben wir einzelne Episoden aus dem Leben, es wirkt aber hier nicht so in Form einer Collage, sondern sinnvoller arrangiert, sinnvoll als Roman kombiniert.

Vom Umfang her ist dieser Roman auch ein Stück länger, statt knapp 100 Seiten umfasst er ungefähr 140 Seiten und es tut ihm gut. Ich fand ihn ein gutes Stück flüssiger zu lesen als den ersten Band, auch wenn er vom Schreibstil und den Figuren her ähnlich ist, ich verstehe allerdings ähnlich viel oder wenig und kann auch hier nur darüber spekulieren, was gemeint sein könnte. Ich denke, es geht wieder viel um Vergänglichkeit, Verlust, aber auch Bewältigung der Vergangenheit, es ist ein Abschließen der Vergangenheit, was der Protagonist versucht und Ratte nicht gelingt – weshalb er die Stadt verlässt und der Protagonist nach den Zwillingen – von denen er niemandem erzählt hat – einen Neustart beginnen kann. Das Thema Neustart und Sinnsuche wird auch ein paar Mal explizit thematisiert.

Wenn ich mich entscheiden müsste, glaube ich, dass Pinball 1973 der bessere der beiden Romane zu sein scheint, er wirkt für mich einfach ein Stück runder, auch wenn ich die Idee des erzählenden Autoren in Wenn der Wind singt, sehr gelungen fand. Dieser Wechsel der Erzählebenen findet hier nicht so statt, dennoch fand ich hier die Geschichte einfach spannender erzählt, einfach irgendwie bewegender. Und bewegend ist eins der Adjektive, die man Murakamis Romanen gerne verleiht. Weil ich ihn noch etwas stärker fand, gebe ich hier die glatten 4/5 Sterne, die mir der letzte Band noch nicht ganz wert war.

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