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Mörderhotel – Wolfgang Hohlbein

k-WP_20160115_007Mein Lieblingsautor hat mal wieder zugeschlagen. In einem Interview heißt es, Hohlbein habe zwei Jahre an dem Buch geschrieben und habe dazu auch recht aufwendig recherchiert. Denn es ist dieses Mal tatsächlich kein phantastischer Roman, es kommen weder Fabelwesen noch übernatürliche Elemente vor, es ist ein Thriller, ein historischer Krimi, ein Horrorroman, der auf einer wahren Begebenheit basiert.

Ein junges Mädchen vom Lande vermisst ihre Schwester, die in die Stadt gezogen ist und dann spurlos verschwunden ist. Sie heuert einen Privatdetektiv an, der dem Fall auf den Grund gehen soll. Sie ziehen den Hotelier Henry Holmes mit ins Vertrauen, der wohl die Schwester kannte und einen gewissen Mudgett kennt, der mit ihrer Schwester zusammen war. Nach einiger Zeit wird der Detektiv misstrauisch, zum Beispiel entdecken sie eine Stahltür und stellen fest, dass das Hotel einige Leerstellen aufweist, die stark von den Bauplänen abweichen. Währenddessen erfahren wir etwas über Hermann Webster Mudgett, den Serienmörder, der in den Verliesen des Hotels sein Unwesen treibt. Ausführlich wird sein familiärer Hintergrund, seine Studienzeit und vieles mehr aus seinem Leben geschildert, in Ausschnitten erfahren wir davon. Die überraschende Wendung kommt erst ganz zum Schluss, als sich das Mädchen und der Detektiv in letzter Not aus dem brennenden Hotel retten können.

Was genau dazwischen passiert ist, möchte ich nicht verraten – und ihr solltet auch den Wikipedia-Artikel nicht lesen, weil ihr damit ziemlich massiv gespoilert werdet. Ich habe ihn erst im Nachhinein gelesen – auch wenn ich von dem Kriminalfall schon gehört hatte – und war dann ziemlich entsetzt über den Wahrheitsgehalt. So ziemlich alles um den Mörder und das Mörderhotel scheint wirklich so passiert zu sein, scheint wahr zu sein, selbst in Details passt alles. Die Geschichte um die verschwundene Schwester und den Detektiv ist zwar dazu erfunden, auch das Ende ist etwas anders, aber ansonsten sind die Übereinstimmungen wirklich frappierend. Erschreckend, denn dieses Buch ist ziemlich grausam.

Es wird nicht übermäßig detailreich beschrieben, was passiert, aber Hohlbeins Stil ist eben ziemlich direkt und unmittelbar, man kann sich die erzählten Ereignisse ziemlich bildreich vorstellen. Insofern ist das Buch nicht unbedingt für schwache Gemüter – wobei ich jetzt auch schon andere Thriller gelesen hatte und es auch nicht übermäßig grausam fand. Genremäßig ist das Ganze zwischen Thriller und Horror einzuordnen und somit ziemlich untypisch für Hohlbein. Ich glaube, wenn ich den Autor nicht gekannt hätte, wäre ich erst im zweiten Anlauf darauf gekommen, dass es Hohlbein ist, denn viele typische Elemente – die ich auch gerne als Schwachpunkte seines Stils kritisiere – fehlen. Es gibt keine absurd langen Kampf- und Wanderszenen, das Ende ist gut ausgestaltet und absolut sinnvoll und ich hatte trotz der über 800 Seiten nie das Gefühl, dass es irgendwie zu lang oder gestreckt wirkt.

Mörderhotel ist gut und flüssig geschrieben und wenn man dann weiß, dass es von Hohlbein ist, fällt einem auch der einfache und daher gut zugängliche Schreibstil auf, auch die Charakterbeschreibungen passen gut zu einem Hohlbein-Roman und wenn man dann auch noch weiß, dass Hohlbein das ausgehende 19. Und beginnende 20. Jahrhundert sehr schätzt – die Irondead-Reihe spielte ja auch zur Zeit des Titanic-Baus – dann ist es schon ein typischer Hohlbein, nur ohne alles Übersinnliche.

Mir gefiel diese Mischung außerordentlich gut, denn auch wenn ich recht lange an dem Buch herumlas – was an einer kleinen Leseflaute lag – konnte ich das Buch dann zwischendurch kaum weglegen und war ziemlich gefesselt von der gut ausgebreiteten und atmosphärisch beschriebenen Geschichte, die leider viel zu wahr ist. Man möchte sich gar nicht vorstellen, dass es dieses Mörderhotel wirklich gab und doch ist es real. Eine viel faszinierendere Romanvorlage kann es eigentlich kaum geben – es hat mich wirklich gewundert, dass es nicht noch viel viel mehr Adaptionen dieses Falls gibt. Ich fand jedenfalls Hohlbeins Mörderhotel absolut gelungen – und nicht nur ich scheine so zu denken, denn bei Amazon bekommt dieses Buch für Hohlbein’sche Verhältnisse – der oft unbeliebt bei Amazon-Lesern ist – verhältnismäßig viele Punkte. Und so gebe ich gerne gute 4,5/5 Sternen für einen Hohlbein, der auch den nicht-phantastikaffinen Thrillerlesern gefallen könnte. Hohlbein wollte sich mit diesem Buch selbst beweisen, dass er Thriller schreiben kann, heißt es in einem Interview – und ich würde sagen, das ist ihm vollends gelungen.

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