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Lesefutter (5): Mängelexemplare und modernes Antiquariat

Nachdem es in den letzten Folgen darum ging, wie man möglichst sinnvoll Bücher kauft, geht es in den nächsten Folgen darum, wie man möglichst günstig Bücher kaufen kann. Heute geht es um das moderne Antiquariat und damit verbunden auch um Mängelexemplare – um die es aber dezidierter noch in der übernächsten Folge gehen wird.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, neue bzw. fast neue Bücher unter dem normalen Ladenpreis zu bekommen: Mängelexemplare und Restauflagen. Mängelexemplare haben wie der Name schon sagt Mängel und sind daher von der Preisbindung ausgenommen, müssen aber als solche gekennzeichnet werden. Restauflagen sind die letzten Exemplare einer Auflage, bei denen die Preisbindung nach einer gewissen Zeit aufgehoben wird. Typischerweise sind das dann Hardcoverausgaben, bei denen das Taschenbuch bereits erschienen ist und das Hardcover dadurch nahezu unverkäuflich wird. Jetzt wisst ihr auch, warum ein Taschenbuch gerne mal 18 Monate nach dem Hardcover erscheint – denn erst nach 18 Monaten hat der Verlag die Möglichkeit, diese Preisbindung aufzuheben – und gerade bei B-Titeln ergibt es keinen Sinn, dann noch länger auf das Hardcover zu setzen, weil durch das Taschenbuch nochmal einigen Umsatz einbringen kann, das Hardcover aber inzwischen als Ladenhüter gilt.

Es gibt auch noch sogenannte Sonderausgaben oder Lizenzausgaben, die man häufig im modernen Antiquariat findet, aber um die soll es beim nächsten Mal nochmal ausführlicher gehen. Typischerweise ist so ein modernes Antiquariat etwas spartanischer eingerichtet als eine normale Buchhandlung und steht mit Bücherkästen voll, die Regale sind häufig unsortiert, manchmal gibt es ein schmales Bestsellersortiment zum Vollpreis, aber ansonsten gibt es dort überwiegend Bücher aus den oben genannten Kategorien zu Sonderpreisen – manchmal schon ab einem Euro, oft genug gibt es da 1-2 Jahre alte Hardcover-Titel für Preise von 5-10 Euro.

Die bekannteste Kette des modernen Antiquariats ist Jokers. Jokers ist eine Marke von Weltbild – und dass Weltbild einst zu 100% der katholischen Kirche gehörte und heutzutage zu Droege gehört, werde ich nächstes Mal noch etwas ausführen. Jokers hatte bis vor einigen Jahren noch einige Filialen mehr und ich war dort häufiger zu Gast und habe einige spannende Schnäppchen erstanden. Leider ist im Moment keine Filiale mehr in meiner Nähe, sodass ich da zum aktuellen Stand nicht viel sagen kann, aber grundsätzlich kann man dort einige Schnäppchen finden.

Die großen Ketten besitzen meistens auch irgendwo eine Filiale, bei der es die gesammelten Ausschüsse aus vielen Filialen zu kaufen gibt, die dort präsentiert werden. Beispielsweise gab es mal im Weiterstädter Loop5 eine Thalia-Outlet Filiale (ich weiß gar nicht, ob die noch existiert) oder – das ist mein persönlicher Geheimtipp – die Bahnhofsbuchhandlungskette Schmitt und Hahn hat im Frankfurter Hauptbahnhof eine etwas versteckte Filiale, in der sie ihre gesammelten Remittenden Mängelexemplare und Ladenhüter verkauft – sogar reduzierte Reclam-Hefte findet man dort, ebenso jede Menge englische Bücher zum Einheitspreis von derzeit vier Euro. Sie ist rechter Hand, wenn man sich in die Einkaufspassge auf dem Weg zur U-Bahn bewegt zwischen einem Pralinenladen und einer Drogeriekette – falls ihr mal in Frankfurt Lesestoff brauchen solltet.

Aber auch die unabhängigen modernen Antiquariate, die es in größeren Städten häufig gibt, sind einen Besuch wert. Ich erinnere mich an einen Laden, den ich zufällig in Marburg fand dort mehr Bücher als mir gut tat, kaufte die Bücher fast im Wahn und sortierte sie dann einige Jahre später auf. Ich kaufte also nur, weil es so günstig war. Nun, inzwischen bin ich da etwas abgehärteter.

Was ist nun das Problem an diesen Büchern? Nun, zunächst einmal spricht gar nicht so viel dagegen, dort zuzuschlagen. Ich mache das auch regelmäßig und habe dort schon einige Bücher gekauft. Man neigt natürlich dazu, auch etwas mehr und etwas schneller zu kaufen, wenn die Preise niedriger sind. Man kauft dann gerne auch mal Bücher, die man eigentlich gar nicht lesen möchte – siehe oben – und vor allem: Sieht der Autor irgendwas von dem Geld, das man dort ausgibt? Im besten Fall trägt der Buchhandel den Verlust zum Originalpreis, im schlechtesten Fall gelten die Bücher aber als remittiert und der Autor sieht keinen Cent. In Amerika besonders verbreitet ist die Cover-Remission, bei der man zur Senkung der Transportkosten nur das Cover remittiert und dann den ganzen Einkaufspreis vom Verlag zurückbekommt, die Bücher selbst sollen vom Händler vernichtet werden. Deshalb steht in amerikanischen Büchern häufig, dass man das Buch nicht kaufen soll, wenn das Cover fehlt, weil der Verlag dafür nichts bekommt. So scheint das im deutschen Buchhandel glücklicherweise nicht zu laufen. Ich weiß nicht genau, wie die Autorenverträge hier aussehen und ob die Autoren nach ausgelieferten, verkauften oder gedruckten Büchern bezahlt werden, hoffe aber, dass das Geschäft am Ende für alle halbwegs fair abläuft. Dieses leichte Grummeln muss man bei solchen Büchern leider in Kauf nehmen. Was es sonst noch für Möglichkeiten gibt, Bücher unter den offiziellen Preisen zu bekommen, dazu auch beim nächsten Mal mehr. Denn dreißig Euro für ein Buch, wie sie manchmal bei etwas dickeren Toptiteln aufgerufen werden, sind auch für mich als Student nicht unbedingt erschwinglich.

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