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Irondead: Der zehnte Kreis – Wolfgang Hohlbein

Cover von Irondead

 

Der neue “große” Hohlbein ist da. Ich glaube, es gibt im ganzen Internet von Hohlbein keine halbwegs vollständige Bibliographie, der man entnehmen kann, welche die “großen” Hauptromane sind. Denn von Hohlbein wird unendlich viel neu aufgelegt, dann gibt es da mal noch einen neuen Kurzroman dazu (geschehen bei Wyrm), die Titel sind aber nicht neu. Dann gibt es die “großen” Chronikbände, die Kinder & Jugendbücher – und die Übersicht hat kaum noch jemand. Ungefähr zeitgleich zum dritten Band der Elfenchroniken ist Infinity: Der Turm entstanden und seitdem gab es meines Wissens nach keinen großen neuen Roman von Hohlbein bis jetzt zum Erscheinen von Irondead beim Egmong Ink Verlag, der mir diesen Roman als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat – vielen Dank dafür!

Irondead klingt nach dem Klappentext zu urteilen nicht unbedingt sehr phantastisch, es geht im Prinzip um einen Privatermittler, der im Zuge von Materialdiebstählen beim Bau der Titanic angeheuert wird. Er begibt sich zu einem Treffen mit seinem Auftraggeber und wird dabei von einem merkwürdigen Metallkonstrukt überfallen. Am folgenden Tag noch begegnet er jemandem, die sich als Vertraute seines Auftraggebers ausgibt und die ihn nun für die Suche nach diesem engagiert – denn er ist verschwunden. Sie gehen zu einem Wissenschaftler, der die Titanic mitentwickelt hat und hier wird es langsam wirklich kurios. Seltsame Gestalten scheinen sie zu verfolgen und mysteriöses Ungeziefer in Form von Spinnen macht sich breit. Aber es sind Spinnen, die es nicht geben dürfte, denn sie tragen nichts Organisches in sich. Weiter und weiter begeben sich die drei Freunde, teilweise noch mit Verstärkung in die Abgründe dieses Schiffes und machen dabei höchst bedrohliche Entdeckungen, die nicht nur eine ganz unmittelbare Bedrohung für sie darstellen, sondern auch noch in der Lage sind, die gesamte Menschheit auszurotten.

Im Prinzip klingt das ja alles nach einem typischen Hohlbein. Ein potenziell apokalyptisches Szenario, in das unsere Protagonisten hineingeführt werden, so eine kleine Liebesgeschichte läuft am Rande auch noch mit und in jedem Fall gibt es sehr viel dreckige Kampfaction, unsere Protagonisten scheinen fast schon übermenschliche Kräfte zu entwickeln, wenn es darum geht, Verletzungen zu überstehen, es laufen viele schöne Intrigen dagegen – man sperrt sie alle in eine Psychatrie, damit niemand mitbekommen kann, was sie gesehen haben – und irgendwie wirkt alles sehr stimmig. Man könnte Hohlbein an dieser Stelle mal wieder vorwerfen, keine Ideen zu haben, es wirkt ein bisschen wie eine Mischung aus “Der Schwarm” und der Geschichte um die “Borg” in Star Trek – aber warum sollte man das tun? Wir sprechen hier von Motiven (halborganische bzw. anorganische Intelligenzen bzw. Schwarmdenken), die durchaus verbreitete Leitmotive des Genres sind. Und genauso wie es schon dreihundert Adaptionen von Pyramus und Thisbe als Theaterstück gibt, gibt es eben hundert Romane, die sich mit anorganischem Leben beschäftigen.

Was macht jetzt aber Irondead aus? Irondead ist ein typischer Hohlbein. Um die typischen Kampfszenen entfaltet sich eine starke und fesselnde Handlung, die gut durchdacht ist und es dem Leser erlaubt, sich einfach ein paar Stunden der Wirklichkeit zu entziehen. Man streift durch das Irland von vor 100 Jahren und erlebt dann dort diese übernatürlichen Elemente, die ja ganz in der Tradition der Industrialisierung und Entmenschlichung der Zeit stehen, was der Geschichte natürlich einiges an Glaubwürdigkeit verleiht.

Nachdem Hohlbein also bei Infinity seine eigene Welt erschaffen hat, erzählt er hier eine authentische Geschichte in unserer Welt, die gerade dadurch, das sie gar nicht unwirklich wirkt, eine ganz eigene Grausamkeit entfaltet. Und für alle, die den Hohlbein’schen Horror mögen: Es gibt auch wieder einige dunkle Gänge, Kanäle und alte Gewölbe – das muss einfach sein!

Mir hat Irondead sehr gut gefallen. Hohlbein wünscht sich, dass seine Geschichten den Leser für ein paar Stunden aus der Wirklichkeit entführen und das hat Irondead bei mir absolut geschafft. Es ist eine gelungene neue Geschichte, die eigentlich sehr typisch für Hohlbein ist und zeigt, dass es ein Autor schafft, seiner Linie treu zu bleiben, aber nicht immer das Gleiche schreiben muss. Die Kampfszenen sind mir – wie immer – etwas zu extrem und zu ausschweifend, das Ende ist – wie immer – ziemlich obskur und verworren, aber genau so etwas weiß man, wenn man Hohlbein liest und lernt es spätestens nach seinem zweiten oder dritten Buch zu lieben oder zu hassen. Ich mag es und so vergebe ich gerne meine 4/5 Sternen und freue mich schon darauf, was uns Hohlbein in den nächsten Jahren noch alles präsentiert. Für mich ist Hohlbein immer ein Garant für gute und spannende Unterhaltungsliteratur und dass es das noch immer gut macht, hat er mit Irondead absolut unter Beweis gestellt.

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