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Im Westen nichts Neues – Erich Maria Remarque

Cover von The Silkworm

 


Im Westen nichts Neues ist wohl so der bekannteste Kriegsroman, vielleicht sogar das bekannteste Stück Kriegsliteratur überhaupt. In der Schule hat man uns wohl Auszüge vorgelegt und ich hatte mir auch immer mal vorgenommen, den Roman zu lesen – aber irgendwie kam ich nicht dazu.

Dann jedoch entdeckte ich die Neuausgabe aus diesem Jahr im Buchhandel, sah, dass es mit einem umfangreichen Anhang bestückt war und relativ günstig war. Also schlug ich zu und las die Ausgabe.

Der Inhalt ist denke ich hinreichend bekannt. Paul Bäumer wird mit seiner Klasse von seinem Lehrer dazu überredet, sich freiwillig zum Krieg zu melden. Im Krieg bekommt er dann mit, wie man vom aufgeklärt denkenden Menschen zum gehorchenden Soldaten abstumpfen kann, wie desillusioniert man durch den Krieg wird, was der Krieg mit dem Menschen macht und sieht nach und nach alle seine Freunde um ihn herum wegsterben. Weder der Urlaub noch eine Verletzung können etwas an seiner Situation ändern und so ergeht es ihm nicht anders als seinen Freunden – er stirbt an der Front.

Und auch was diesen Roman so besonders macht, ist eigentlich gemeinhin weitbekannt. Durch die Erzählperspektive ist man mitten im Geschehen drin und bekommt die Grausamkeit des Krieges unmittelbar mit. Obwohl der Roman sich bemüht, neutral zu bleiben (später mehr) und auf Fakten ausgerichtet ist, ist eigentlich offensichtlich, dass man den Krieg nur hassen kann. Vom Pathos des Krieges keine Spur, man weiß gar nicht, warum man eigentlich Krieg führt, das dreckige und für uns ziemlich abscheulich klingende Kasernenleben wird beinahe lapidar beschrieben und mit seinen zarten 19 Jahren (mein Alter!) zählt er auch noch zu den erfahreneren Soldaten und sieht die neuen Rekruten wie Kanonenfutter sterben. Ich möchte jetzt nicht allzu ausführlich auf diverse Deutungen und sprachliche Analysen eingehen, dazu wurde in den letzten 100 Jahren sicherlich genug gesagt. Nur so viel: Das Buch liest sich großartig, erlaubt dem Leser, sich sehr gut in das Geschehen hereinzudenken und ist sprachlich genau so drastisch, wie es sein muss, um die entsprechende Stimmung zu transportieren – also weder besonders kinderfreundlich noch unnötig grausam, insgesamt findet der Gewaltgrad eine gute Balance.

Nun ein Wort zu meiner Ausgabe: Der Anhang des Buches ist sehr ausführlich gehalten, man erfährt einiges über die Entstehungsgeschichte des Buches – denn es ist keineswegs so, dass das Buch einfach so runtergeschrieben wurde, im Gegenteil. Erst wollte kein Verlag es haben und als es dann der noch junge Ullstein-Verlag annahm, wurde das Buch deutlich verändert, viele tendenziöse Inhalte wurden einfach gestrichen, die Szenen wurden deutlich umgeschrieben, im Anhang liest man Auszüge aus dem Originalmanuskript und findet auch noch Auszüge aus frühsten Fassungen von Remarque, als das Buch noch im Entstehen war. Die generellen Unterschiede zwischen Manuskript- und Verlagsfassung werden deutlich herausgearbeitet und mit Textbelegen untermauert, sodass klar wird, welchen (entschärften) Charakter das Werk zu seiner Entstehungszeit hatte, es werden Unterschiede zum Vorabdruck gezeigt und abgerundet wird der Anhang von einem zusammenfassenden historisch-kritischen Werkbeitrag.

Braucht man das? Nein. Aber es hilft. Ich bin kein großer Freund von langen Anhängen und Vorschlägen, wie ich das Buch zu lesen gehabt hätte, aber dieser Anhang ist großartig! Alternative Fassungen einiger Kapitel und ganz viel Entstehungsgeschichte haben mir nochmal geholfen, einige Stellen des Buches im Nachhinein anders wahrzunehmen. Ganz konkret ging es mir darum, dass ich Stellen eindeutig als tendenziös kriegskritisch verstanden habe, dann aber im Vergleich mit der früheren Fassung sehe, dass es tatsächlich im Detail neutral gehalten ist – was wohl damals nötig war.

Alles in allem bleibt mir hier eigentlich nur zu sagen: Lest dieses Buch. Es gibt nicht viele Bücher, von denen ich sagen würde, die MUSS man gelesen haben (irgendwann mache ich mal eine Top-10 Liste), aber dieses gehört dazu. Es ist einfach ein Stück Allgemeinbildung und das völlig zu Recht. Und wenn ihr es noch nicht habt, kauft es gerne in dieser Ausgabe, die sich wirklich lohnt und mit gerademal 7€ sehr erschwinglich ist. Ich gebe natürlich an dieser Stelle 5/5 Sternen.

3 Kommentare

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