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Heftromane Gestern (01): Das Gespenst im Urwald (Rolf Torring)

Wir reisen zurück ins Jahr 1930. Als die NSDAP noch eine aufsteigende Oppositionspartei war und sich Deutschland von der Inflation erholt hatte, aber schon eine gewisse Unsicherheit in der Weimarer Republik zu spüren war, erschien beim Berliner Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst ein Romanheft mit dem Namen „Das Gespenst im Urwald“, geschrieben von einem Hans Warren, offenkundig ein Sammelpseudonym, vermutlich steckt hinter den ersten Bänden ein gewisser Wilhelm Reinhard. Dies war der Auftakt der Rolf Torring Reihe, die sich auf über 400 Hefte erstreckt, nach dem zweiten Weltkrieg nachgedruckt wurden, mehrmals umgearbeitet und schließlich in den Sechzigern auch auf die Leinwand umgesetzt wurde. Es gilt als eine der wichtigsten Heftromanreihen der Weimarer Republik.

Meine Ausgabe stammt vom Wibra-Verlag, dessen Gründer Winfried Brand leider vor einiger Zeit verstorben ist. Nach und nach wurden alle Hefte depubliziert, sodass die Hefte inzwischen kaum noch zu bekommen sind. Sie entstammen daher der Vorkriegsausgabe, wurden aber „behutsam“ modernisiert, was immer das heißen mag.

Kommen wir schließlich zum Inhalt. Rolf Torring und sein Begleiter Hans – der Ich-Erzähler – sind auf der Insel Sumatra, im heutigen Indonesien unterwegs und suchen nach dem schwarzen Panther. Sie finden einen, jedoch zeitgleich auch einen Menschen, der einem großen Affen zu ähneln scheint. Sie nehmen das Pantherfell mit in ihren Gasthof und erfahren dort, dass dieser Riese dort häufiger auftaucht und in einem Zusammenhang zu dem Auftauchen eines Chinesen steht. Dem wurde ein Koffer gestohlen, parallel wird eine junge Frau im Urwald vermisst. Beim Auflauern auf den Chinesen, der es auf einmal auf Rolf abgesehen hat, erfahren die beiden, dass der Riese durchaus ein Pidgin-Deutsch spricht und auf ihrer Seite zu sein scheint. Als sie dann erneut aufbrechen, um das Mädchen, das er vor dem Chinesen, der sie töten wollte, gerettet hat, zu besuchen und wieder zurückzubringen, ereignet sich ein Vulkanausbruch. Rolf und Hans werden jedoch von dem Riesen gerettet.

Mit einem Cliffhanger endet dieses Heftchen – was schon ein großer Unterschied zu den heutigen Heftchen ist – im nächsten Band soll es wohl genau an der Stelle weitergehen. Der zweite große Unterschied ist offensichtlich und dem Zeitgeist geschuldet: Dieses Heftchen ist enorm imperialistisch. Der Riese, offenbar ein Indigener, wird einem Tier gleich dargestellt, Volksgruppen werden unbehelligt mit bestimmten Eigenschaften verbunden „So sind die Chinesen“ halt, man spricht ungeniert von Negern und dass der Urwald etwa nicht den Kolonialherren gehören könnte, wird auch nicht thematisiert.

Ich will das Heftchen deswegen gar nicht verurteilen, spiegelt es doch den Zeitgeist der 1930er gut wieder. Es sind Hefte, die für das Volk geschrieben sind, die eben auch das Register und die Gedanken der Nicht-Intellektuellen der Zeit aufgreifen. Insofern ist das auch durchaus verständlich, dass die Hefte so geschrieben sind, es wirkt eben aus heutiger Sicht einfach sehr bizarr und fremd – ein bisschen wie das unsägliche „Girls“ für alle Frauen, die dem Protagonisten hinterherschauenswert erscheinen, ihr erinnert euch an die Jerry Cotton Hefte aus den 70er Jahren.

Ich kann für dieses Heftchen keine Wertung aussprechen. Es ist sicherlich recht unterhaltsam, es ist eben eine Abenteuergeschichte aus dem frühen 20. Jahrhundert. Im Gegensatz zu der Hochliteratur dieser Zeit ist es aber ein interessanter Einblick zu sehen, wie die Massenliteratur zu dieser Zeit aussah – es überlebt ja ansonsten häufig nur das vom Feuilleton gelobte.

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