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Fernsehen: Jetzt auch als Buch – Philipp Walulis

Walulis sieht fern war der Name einer Fernsehsendung, die mit den Mitteln der Satire und der Parodie Mechanismen von Fernsehgenres aufzeigt, so wurde beispielsweise „Der typische Tatort in 100 Sekunden“ gezeigt oder die verschiedenen Typen von Late-Night-Sendungen gegenübergestellt. Und – wirkungsvoll in einer Teleshoppingparodie beworben – erschien auf dieser Serie basierend ein Buch dazu. Dieses Buch ist sozusagen als Essenz des Fernsehens zu sehen – wer dieses Buch gelesen hat, braucht kein Fernsehen mehr zu schauen. Und stimmt das?

Das Buch ist wahnsinnig bunt. Ich kann hier nicht im herkömmlichen Sinne eine Inhaltsangabe dazu zu schreiben. In rund 30 Kapitel werden verschiedene Genres analysiert. Das geschieht jeweils durch einen einführenden Artikel, der ziemlich sachlich typische Eigenschaften des Genres beschreibt und Beispiele für Phänomene innerhalb eines Genres gibt. Unterbrochen wird dieser Text von amüsanten Grafiken, satirisch kommentierten Fotos und weiteren visuellen Gestaltungselementen, wie Quizfragen oder Gründen zum Ein- oder Abschalten. Am Ende eines jeden Kapitels steht eine doppelseitige Tabelle, in der die Vertreter dieses Genres in verschiedenen – nur teilweise ernsthaften – Kriterien gegenübergestellt werden. Ich gebe zu, das ist jetzt etwas abstrakt beschrieben, aber der Blick in die Leseprobe sollte erklären können, was ich meine.

Insgesamt ist das Buch wahnsinnig bunt, die gut 200 Seiten sind sehr schnell durchgelesen – und einen inhaltlichen Zusammenhang der Kapitel gibt es nicht, man kann das Buch also auch jederzeit querlesen, Kapitel überspringen oder einfach hin- und herblättern. Und wenn man gerade keine Lust auf einen langen Text hat, gibt es jede Menge bunte Bilder und Tabellen anzuschauen.

Das Buch liefert einen guten Querschnitt durchs Fernsehen. Viele Genres werden aufgegriffen und fast alles, was man so im Fernsehen sieht, kann man irgendwie in diesem Buch wiederfinden. Ein Problem ist natürlich die Aktualität. Das Buch ist aus dem Sommer 2014, ist also aus dem Stand von Anfang 2014, inzwischen ist natürlich jede Menge passiert und einige Texte sind bei weitem nicht mehr aktuell, gerade wenn es um Stephan Raab beispielsweise geht – aber auch um Spartenkanäle, die ja umstrukturiert wurden.

Insgesamt liefert das Buch allerdings etwas wenig Hintergründe. Klar, es ist nur die Essenz der Sendung – aber für jeden, der die Sendung gesehen hat, steht im Buch wenig neues drinne. Die einführenden Texte sind relativ kurz und oberflächlich, die ‚Bilderseiten‘ sind leider nur von begrenzter Witzigkeit, allerdings trösten die Tabellen und Diagramme gut darüber hinweg. Es ist mehr oder weniger ein Kompendium zum Fernsehen. Was gibt es alles und wie funktioniert das im Groben.

Aber ich bin mir über die Zielgruppe des Buches nicht so ganz bewusst, denn leider wirkt es ein wenig, als habe man einfach den durch die Serie recht bekannten Namen genommen und ein mehr oder weniger gares Konzept daraus gebastelt. Denn: Wer die Serie gesehen hat, braucht das Buch eigentlich nicht, wirklich neues wird darin nicht gesagt. Wer die Serie nicht kennt, versteht einige der Running-Gags des Buches nicht und wird nicht so wirklich schlau aus dem inhaltlichen Konzept. Es ist also so eine Art Nachschlagewerk zur Serie – vielleicht noch eine nette Geschenkidee für Fernsehfans oder Leute, die das Fernsehen generell mit etwas ironischer Distanz betrachten und sich dann durch dieses Buch in ihrer Haltung bestätigt fühlen können. Wer mit satirischer Verarbeitung von Fernsehen nicht viel anfangen kann, wird an dem Buch vermutlich wenig Freunde haben, wer Hintergründe und Aufklärung erwartet auch – und wer einfach nur etwas Schönes lesen möchte, dem fehlt es möglicherweise etwas an Text – so rein quantitativ. Denn von diesen 200 Seiten ist vielleicht ein Drittel wirklich voller Text.

Aber dennoch: Es ist ein informatives Buch, es ist witzig und es zeigt Mechanismen des Fernsehens mit etwas Augenzwinkern auf. Es zeigt auf, wo das Fernsehen an den eigenen Ansprüchen scheitert. Das ist leider für mich nichts weltbewegend Neues – aber dennoch ganz unterhaltsam. Für den Vollpreis von 12,99€ hätte ich mir das Buch vermutlich nicht gekauft – weil ich in dem Thema schon recht weit drinstecke und mir wenig neue Infos vermittelt wurden – aber lesenswert ist es durchaus. Also wenn ihr es in eurer Bibliothek findet, wagt ruhig einmal einen Blick hinein. Gerade, wenn ihr wahlweise keine oder eine sehr unkritische Beziehung zum Fernsehen habt. Ich gebe bisweilen mal 3,5/5 Sternen für ein unterhaltsames Buch, was mir aber wenig Neues liefern konnte.

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