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Der Romanfresser geht fremd: Der Baader Meinhof Komplex

Cover von Der Baader Meinhof Komplex (DVD)

 

Einen schönen ersten Advent wünsche ich euch. Und weil die Weihnachtszeit auch immer so eine Form von “über die eigenen Grenzen hinaus gehen” ist (was natürlich totaler Käse ist, aber für die Überleitung notwendig ist), präsentiere ich euch heute meinen Adventskalender für euch: Filmkritiken.  An jedem Adventssonntag und am Heiligabend gibt es eine Filmkritik für euch. Heute fangen wir an mit einem großen deutschen Film der letzten Dekade an:

Der Baader Meinhof Komplex orientiert sich an dem Standardwerk der RAF-Literatur von Stefan Aust und erzählt in lockerer Abfolge die Geschichte der RAF bis 1977. Wir erfahren viel über die Entstehung der RAF, beginnend mit der Erschießung von Benno Ohnesorg, dem Dutschke-Attentat und den die Kaufhausbrandstiftungen und springen dann in schneller Folge weiter zur Baader-Befreiung, dem Springeranschlag und der Rasterfahndung, bis zur Inhaftierung der ersten Generation in Stammheim und darüber hinaus. Auch die zweite Generation bis hin zur Schleyer-Entführung im Deutschen Herbst wird ausführlich vorgestellt und dokumentiert.

Der Film ist mehr ein Dokumentarfilm, als ein Spielfilm, trotzdem lief er sehr erfolgreich in den Kinos. Für mich als jemanden, der nach diesen ganzen Ereignissen geboren wurde, wirkt das Ganze ziemlich befremdlich, für jene, die in dieser Zeit großgeworden sind, mag es furchtbar vertraut wirken. Was mich an diesem Film so bewegt hat – und warum ich ihn in diesen Adventskalender hereingewählt habe – ist schlicht und einfach die Umsetzung, die ich sehr gelungen finde.

Mit einem ernsten Thema wird kunstvoll umgegangen, Baader und Meinhof scheinen zunächst sehr charismatisch und als Identifikationsfiguren und irgendwann im Laufe des Films – wann das ist, entscheidet jeder Zuschauer für sich – schwenkt dieses Bild um und man sieht sie als Terroristen – aber nicht als klassische Terroristen, sondern irgendwie… komisch. Dann die Machart des Films. In schnellen Schritten und in loser Abfolge wird man vom einen Ereignis zum Anderen geführt – ohne rudimentäre Kenntnisse der RAF hat man möglicherweise Schwierigkeiten, dem zu folgen, mit rudimentären Kenntnissen werden jedoch in schockierender Art und Weise hier Sachen erzählt, die man sich heute in Deutschland nicht mehr vorstellen kann.

Und genau da setzt der positive Effekt des Films an. Die RAF ist einer ziemlichen Verdrängung ausgesetzt worden, was dort passiert ist, wurde häufig totgeschwiegen und nicht weiter hinterfragt – weil es ja so etwas in Deutschland nicht geben könne”; eine derartige Verdrängung herrschte auch noch in den 50er Jahren den zweiten Weltkrieg betreffend. Die Verdrängung der Taten des zweiten Weltkrieges ist heute überwiegend aufgegeben, über die RAF ist aber noch längst nicht alles gesagt worden und bei uns im Geschichtsunterricht wurde diese Zeit mit zwei Absätzen aus dem Geschichtsbuch behandelt. Es besteht also Aufklärungsbedarf und den kann dieser Film leisten. Vielleicht nicht in aller Detailtreue, wie das gleichnamige Buch, aber dennoch arbeitet der Film sehr wahrheitsgetreu die wesentlichen Punkte dieses Kapitels Deutscher Geschichte ab.

Bei DVD-Kritien ist es so üblich, das man auf die Extras hinweist: 7 Minuten “Blick hinter die Kulissen”, Darstellerinfos und Audiokommentar von Uli Edel. Nicht besonders viel, aber das ist mir auch relativ egal. Mehr Extras sind vielleicht in der Premium Edition enthalten. Der Film ist gelungen und sollte von jedem zumindest einmal gesehen worden sein. Dafür gibt es 5/5 Sternen von mir – die normale 1DVD-Fassung ist für 7,99€ erhältlich.

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