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Der Moloch – Stella Gemmell

Cover von Der Moloch

 

Dieses Buch habe ich als Rezensionsexemplar vom blanvalet-Verlag zugeschickt bekommen, dafür vielen Dank. Sie ist die Witwe des Autors David Gemmell, Der Moloch ist ihre erste Veröffentlichung.

Wir befinden uns in einer Stadt. Man nennt sie die Cité. In der Cité herrscht seit geraumer Zeit Krieg, ein Kaiser, der schon seit Ewigkeiten regiert – man nennt ihn den Unsterblichen, weil er scheinbar übermenschliche Kräfte hat – lässt seine Stadt verfallen, die Stadt steht kurz vor dem Kollaps – auch wegen der Bedrohung von außen. So stellt sich unsere Welt dar. Doch wir begleiten erstmal nur ein Geschwisterpaar in der Kanalisation, später kommen weitere Charaktere dazu, die die Kanalisation eint. Nach dem Verlassen der Kanalisation gehen unsere Helden unterschiedliche Wege. Sie verstecken sich in der Stadt, sie gehen raus in die Schlacht – sie wollen jedenfalls alle ihre Vergangenheit hinter sich lassen. Doch irgendwann treffen sich alle wieder. Einige sind gefangengenommen worden, andere wurden hergelockt, um sich mehr oder weniger freiwillig einer Verschwörung anzuschließen, einer feindlichen Verschwörung, die den Kaiser der Cité stürzen möchte. Und hier beginnt der wirklich spaßige Teil des Buches, über den ich nicht zu viel verraten werde. Wobei das Ende recht offensichtlich sein sollte.

Ich muss sagen, ich fand „Der Moloch“ wahnsinnig faszinierend. Diese Grundstimmung, die ich ganz am Anfang der Rezension beschrieben habe, erkennt man so wirklich erst nach über der Hälfte des Buches, man erfährt wirklich nur sehr langsam und häppchenweise etwas vom großen Ganzen – es wirkt ein bisschen dekonstruiert, wie man es vielleicht aus Medea. Stimmen von Christa Wolf kennt – natürlich dem Genre entsprechend massentauglicher aufbereitet.

So wirklich als Fantasy würde ich es nicht unbedingt bezeichnen. Es spielt in einer fiktiven Welt, klar, aber das wirklich fantastische ist eigentlich nur, dass der Kaiser (& Co) mit ihrer verlängerten Lebensdauer etwas übermenschliche Kräfte haben. Eine weitere Form von Magie wird zwar an einer Stelle mal eingesetzt, aber es wird nicht weiter darauf eingegangen, was das denn jetzt war. Generell ist der Magieanteil im Moloch sehr gering.

Am Anfang ist man quasi nur in der Kanalisation unterwegs. Später kommen mehr Schauplätze dazu, man behält jedoch das Gefühl, einen sehr begrenzten Blickwinkel zu haben und das Große Ganze nicht so wirklich zu durchschauen – ein cooler Kunstgriff, weil das genau der Perspektive der Protagonisten entspricht. Erst kurz vor dem Ende, als die Verschwörung schon am Laufen ist, merkt man, in was man hier eigentlich hereingeraten ist.

Diese Erzähltechnik ist einerseits ziemlich genial, andererseits hat es bei mir auch dafür gesorgt, dass ich in der Mitte einen ordentlichen Durchhänger hatte. Die letzten 300 Seiten vergingen dann wieder im Fluge, aber zwischendurch war es echt zäh; gerade, wenn die Protagonisten alle auf der Flucht sind, im Gefängnis sitzen und man überhaupt keinen Durchblick hat, warum und was und wie das hier gerade passiert. Das kann bei einem 700-Seiten Roman natürlich mal passieren, aber so ein bisschen trübte es meine Stimmung schon.

Es ist im überwiegenden Teil – ihr habt es sicher schon herausgelesen – sehr düster gehalten, die Bezeichnung Dark Fantasy passt eigentlich sehr gut und genau das war es auch, was der Klappentext mir suggerierte und was mich daran so gereizt hat. Es war also alles wie versprochen und mal eine schöne Abwechslung zu solchen durchgetakteten Actionknallern wie Hohlbein. Stella Gemmell kann definitiv gut schreiben und die Geschichte war von der Motivik und dem Einsatz der Stilmittel her unglaublich stark. Wenn ich böse sein wollen würde, könnte ich sagen: „Das ist ja fast schon Literatur!“ In jedem Fall bekommt man hier eine starke, eine etwas ungewöhnliche Geschichte, die zwar ihre kleinen Längen aufweist, aber zu gut angelegt ist, um sie zu verpassen. Wen es nicht stört, über hunderte Seiten im Dunklen gelassen zu werden, bekommt ein unglaublich schlüssiges und plausibles Finale geliefert, das echt nochmal Bonuspunkte sammeln kann. In der Summe würde ich dem Moloch gerne 4/5 Sternen geben, die es absolut verdient hat. Wer das Buch jetzt kaufen möchte, ist mit vergleichsweise teuren 14€ dabei – ziemlich happig, dafür, dass es halt „nur“ ein Taschenbuch ist.

 

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