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Dantons Tod – Georg Büchner

k-2016-06-03 23.58.24Georg Büchner ist ein beeindruckender Schriftsteller. Mit 23 Jahren ist er bereits gestorben, bis dahin hat er zweieinhalb Theaterstücke selbst verfasst, eine Novelle geschrieben und zwei Dramen übersetzt, er war Doktor der Philosophie und bereits im Zuge, eigene Vorlesungen zu halten. Nebenbei war er gesuchter Revolutionär, der nach einem Flugblatt ins Ausland fliehen konnte. Um eines der Dramen soll es heute gehen. Büchner schrieb es nach eigenen Angaben innerhalb weniger Wochen und es ist das einzige Werk von ihm, das zu Lebzeiten veröffentlicht wurde: Dantons Tod.

Dantons Tod thematisiert einen Konflikt innerhalb der Revolution. Danton und seine Anhänger befürworten das Privateigentum und den Liberalismus, er selbst geht in Freudenhäusern ein und aus und wollen eine friedliche Lösung, um die Guillotine möglichst in Ruhe zu lassen; sein Gegenspieler Robespierre und seine Anhänger verlangen, dass alle Gegner der Revolution von der Guillotine vernichtet werden sollen, Privateigentum und insbesondere alles, was Danton befürwortet, lehnt er radikal ab. Ein Treffen der Beiden wird schnell zum Eklat, Danton wird verhaftet und verliert die Kraft, weiter für die Ziele der Revolution zu kämpfen, er sieht sie als gescheitert an. Vor dem Tribunal verteidigt er sich noch und das Volk jubelt ihm zu, doch Robespierre und der korrupte Tribunalausschuss bringen ihn endlich vor den Henker; mit ihm stirbt das Ideal eines liberalen Staates und die Freiheit von der Terrorherrschaft.

Das Drama ist ein höchst ungewöhnliches Stück, das zwar formal aus fünf Akten besteht und auch auf den ersten Blick durchaus wie ein geschlossenes Drama anmutet, doch bereits der Blick ins Personenverzeichnis offenbart, warum das Stück über Jahrzehnte als unaufführbar galt. Nicht nur agieren dutzende von Personen, es gibt Massenszenen, noch dazu ändert sich der Ort der Handlung ständig und sie geht oder Tage und Wochen hinweg. Es thematisiert einen real existenten Konflikt, der aber natürlich im Kontext von Büchners Zeit zu sehen ist. Büchner, der ja selbst Revolutionär war und die Ideale der französischen Revolution auch in Deutschland propagierte („Friede den Hütten, Krieg den Palästen“), spricht in diesem Stück nicht nur – wenn auch mit Hinblick auf die damalige Zensur etwas verschleiert, seine politischen Ideale an, sondern übt an einigen Stellen auch Kunstkritik und entwirft den Prototyp der von ihm mitbegründeten Vormärzliteratur, einer Strömung, die sich gegen den Idealismus der Kunst richtet und der Kunst die Aufgabe des politischen Wirkens unterstellt.

Bemerkenswert an diesem Werk ist auch die Entstehungsgeschichte. Das Stück wurde in einigen Wochen heruntergeschrieben, er bat seinen Verleger sogar um baldige Veröffentlichung, weil er Geld für die anstehende Flucht ins Ausland brauchte. Ich fühle mich, wenn ich solche Bemerkungen in den Apparaten der Ausgaben lese, immer ein bisschen geerdet, auch ein heute kanonischer Autor schreibt nicht nur für seinen Idealismus und seine Kunst, sondern auch zum bloßen Broterwerb. Immer wieder beeindruckt es mich, dass wir heute Werke als kanonisch ansehen, die unter scheinbar so trivialen Umständen entstanden sind – und dass sich die kanonischen Titel eben nicht aus einem Selbstanspruch ergeben.

Dennoch muss ich sagen, dass Dantons Tod mich persönlich nicht vom Hocker hauen konnte. Sicherlich ist es ein lesenswertes Theaterstück, aber weder die Szenerie, noch die Geschichte, noch die Figuren konnten mich wirklich packen. Es ist in Prosa verfasst und somit sehr angenehm zu lesen, als nicht-frankophoner Leser hatte ich zunächst etwas Probleme, die zahlreichen Namen auseinanderzuhalten, aber das klärte sich innerhalb der ersten Akte. Ich würde das Stück gerne mal aufgeführt sehen, würde mal miterleben wollen, wie diese komplexe Szenierie auf die Bühne gebracht wird – aber das bloße Lesen hat mich nicht wirklich begeistern können. Leider kann ich es nicht viel genauer fassen, denn an sich kann man an dem Stück gar nicht so besonders viel kritisieren – aber es kommt für mich bei weitem nicht an die Meisterwerke von Dramen heran, die ich hier mit Fünf Sternen bewertet habe. Ich würde also von daher mal 3/5 Sternen vergeben – für ein sicherlich wichtiges und zeitgenössisch hoch spannendes Theaterstück vergeben, das aber keineswegs ein unangefochtenes Meisterwerk darstellt.

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